Bad Blankenburg. Landrat Marko Wolfram begrüßte 110 Pädagoginnen und Pädagogen aus Kindergärten und Kindertagespflege anlässlich des Pädagogischen Fachtages, welcher am Dienstag in der Landessportschule Bad Blankenburg stattfand. Organisiert wurde die Tagung vom Netzwerk Frühe Hilfen und Kinderschutz im LK Saalfeld-Rudolstadt in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Fachberatung Kindertagesstätten des Landkreises.
Unter dem Titel „Kindheit hat Folgen: sauber, satt und lieb … das war einmal“ referierte Frau Dr. Gabriele Haug-Schnabel, Verhaltensbiologin, Gründerin der Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen FVM, zu Schlüsselsituationen in der Begleitung von Kleinkindern von der Eingewöhnung über die Beobachtung und Stressregulation bis zur Mahlzeitengestaltung in den Kindergärten.
Als professionell umriss Dr. Haug-Schnabel eine Haltung der Pädagoginnen, die dem Kind Selbstbildung zutraut. Professionelle Assistenz bedeute in diesem Sinne, „dem Kind die Möglichkeit zu geben, es alleine zu schaffen, mit Hingabe und Anstrengung“. Ein Abnehmen oder Übernehmen sei für das Kind ein Wegnehmen und dies sei „ein Knackpunkt in der deutschen Elementarpädagogik“. Die professionell assistierende Erzieherin müsse merken, wann sie gebraucht würde und wann nicht, wann Unterstützung und wann Zurückhaltung angesagt sei.
Diese setze ein tatsächliches Interesse daran voraus, was ein Kind tut, beabsichtigt oder plant sowie eine „systematische Beobachtung und Reflexion von Entwicklungsschritten, Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen“. Die kleinen Übergänge im Kindergartenalltag stellte Dr. Gabriele Haug-Schnabel als „prädestiniert für Stressmomente“ dar. Klassische Beispiel seien der Übergang vom Freispiel zum Morgenkreis, vom Essen zum Schlafen und Aufwachen.
Beim Thema Mittagsschlaf warnte sie davor, diesen zu spät zuzulassen oder die Kinder wieder zu früh zu wecken. „Ein zu kurzer Mittagsschlag kann erhebliche Dysregulationen zur Folge haben“. „Schauen Sie auf das Kind und nicht auf die Uhr.“ Eine sensible Alltagssituation sei auch die Mahlzeitengestaltung, bei der es in den Krippen immer wieder leicht zu Übergriffen seitens der Erzieherinnen kommen könne. Das Aufessen- oder Probieren-Müssen sei „eine Kindeswohlgefährdung mit langer Tradition“. Das Kind dürfe selbst entscheiden, was und wie viel es esse, wichtig sei „ein gemeinsames Essen von Kindern und Erzieherinnen in positiver Atmosphäre“. Hier böten sich auch wertvolle Gelegenheiten für längere Gespräche.
Die Fachkraft-Kind-Relation sei dann besonders anstrengend, wenn alle Kinder einer Gruppe zur selben Zeit das Gleich tun müssten. Frau Dr. Haug-Schnabel empfahl, das Raum- und Materialangebot in den Kindergärten zu überdenken. Kinder bräuchten nicht so viel Spielzeug, sondern vielmehr „Echtzeug“, also interessante Dinge aus dem Alltag.
Im Anschluss an den Vortrag von Frau Dr. Haug-Schnabel konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in sechs Workshops die Tagungsthematik vertiefen. Themen u.a. wie „Feinfühligkeit im Alltag“, „Macht hat viele Gesichter“, „Ich kann das schon allein entscheiden“ wurden von Fachberaterinnen der Freien Träger, mit Unterstützung erfahrener Kitaleiterinnen aufgearbeitet und doziert. Die Resonanz auf den Fachtages war insgesamt sehr positiv. Einige Kindergärten hatten mit den Eltern einen Schließtag vereinbart und nahmen als komplettes Team an der Tagung teil.
Hier können Sie den Vortrag von Frau Dr. Gabriele Haug-Schnabel als PDF herunterladen (ca. 64 kb)
Marianne Baumann
Fachberaterin Landratsamt