Saalfeld. Sie ist der älteste Mensch weit und breit, Lilla Arnold aus Meuselbach. „Als unsere Omi Lilla ihren 100. Geburtstag gefeiert hat, haben wir gesagt: Jetzt feiern wir weiter bis zur Hausnummer“, sagt ihre Nichte Christel Fricke, mit der zusammen sie heute noch im Haus Nr. 105 wohnt. Seit gestern ist sie nun 103 Jahre alt.
Die Geburtstagsfeier im Kreis von Familie und Freunden nutzte am Donnerstag auch Landrat Marko Wolfram, um der Jubilarin in Meuselbach zu gratulieren. Und erfuhr im Gespräch noch viel Interessantes über die Zeit seit dem 1. Weltkrieg , die Frau Arnold als eine der wenigen heute noch Lebenden selbst erlebt hat.
Einen schweren Schicksalsschlag, erlebte sie 1940, als ihr Mann nur 8 Wochen nach der Hochzeit im 2. Weltkrieg gefallen war. Auch schwere Krankheiten hat sie schon überstanden. „Was sie in jungen Jahren durchmachen musste, dafür wird sie heute belohnt“, sagt ihre Nichte.
Wenn Lilla Arnold erzählt, dann sind ihre Erinnerungen auch heute noch sehr genau. Im Jahr 1975 ist sie in Rente gegangen und bis 1982 hat sie noch weiter gearbeitet in ihrem Betrieb, »VEB Pharmazeutisch-Chemische Fabrik Meuselbach«. „Ich bin immer gerne zur Arbeit gegangen“, sagt sie. Das Meuselbacher Medizinunternehmen „Meuselbach Pharma“ war damals der größte Betrieb in Meuselbach mit zeitweise 500 Beschäftigten. Für sie und ihre Kollegen hieß es einfach „Lichtenhelds“, nach den Gründern des Unternehmens, den Olitätenhändlern Johann Balthasar und Johann Nicolai Lichtenheldt, denen Meuselbach eines der ältesten Pharmaunternehmen in Deutschland zu verdanken hatte. Obwohl das spätere VEB heute als Unternehmen nicht mehr im Ort präsent ist, existiert es mit seinen bekannten Marken noch immer in Thüringen, als Krewel Meuselbach GmbH in Gehren.
Die schönste Geschichte, an die sich die Jubilarin erinnert, stammt aus ihrer Zeit beim VEB und kennt man in der Familie als „Lillas Geheimnis“. „Wenn wir morgens zur Arbeit gekommen sind, haben wir immer zuerst gekuckt, wie wir zu unserem Schnaps kommen. Unser Chef hat sich dann immer gewundert, warum wir so lange mit dem Aufzug gefahren sind, er hat uns dort aber nie beim Schnapstrinken erwischt. Aber vielleicht wollte er das auch gar nicht.“
Lebhaft wird Lilla Arnold, wenn sie nach Geschichten aus ihrem Leben gefragt wird. Und als Zuhörer hat man großen Gewinn, wenn man von der erlebten Heimatgeschichte hört.
Landrat Marko Wolfram wünschte der Jubilarin, dass sie noch recht lange und bei guter Gesundheit und wachem Verstand am Leben in ihrem Heimatort teilnehmen kann.
Martin Modes
Presse- und Kulturamt
Fotos LRA Martin Modes
Großes Gruppenfoto
Lilla Arnold (untere Reihe, 2. v. re.) am 103. Geburtstag im Kreis von Familie und Freunden und mit den prominenten Gästen
Hintergrund-Info Meuselbach-Pharma (Quelle Wikipaedia)
Die Brüder Johann Balthasar und Johann Nicolai Lichtenheldt waren seit 1694 als Laboranten und Olitätenhändler tätig. Aus ihrem Unternehmen entstand die in Thüringen angesiedelte Meuselbach-Pharma, eine der ältesten deutschen Pharmaunternehmen überhaupt. Sie wurde erstmals im Jahre 1745 als Gewerbebetrieb urkundlich erwähnt. Um 1890 beschäftigt die Firma 70 Mitarbeiter. 1926 umfasst das Produktspektrum 288 Artikel, u. a. "Regulaxier", das heutige "Regulax". Nach der Gründung der DDR wurde Meuselbach-Pharma mit anderen Laborbetrieben zur »VEB Pharmazeutisch-Chemische Fabrik Meuselbach« vereint.
Nach der Wende übernahm Krewel im Jahr 1991 die Leitung der Meuselbach-Pharma. Die schrittweise Zusammenführung beider Unternehmen führte 1996 zur Firma Krewel Meuselbach GmbH. Die veraltete Produktionsstätte in Meuselbach, Thüringen, wurde durch einen Neubau im 20 km entfernten Ort Gehren im Jahr 1996 ersetzt.