Saalfeld. Mit Spannung wird im Frühjahr von den Mitgliedern der Unfallkommission im Landkreis die Auswertung der Unfallstatistik und der Unfalltypensteckkarte erwartet – zumal man daraus auch erkennen kann, ob die bisherigen Maßnahmen Erfolg hatten. Am Dienstag dieser Woche, am 19. März, war es wieder soweit – Rüdiger Kurrat, der Leiter des Straßenverkehrsamtes des Landkreises, hatte zur Auswertung ins Saalfelder Schloss eingeladen.
Als Hauptakteur stellte Polizeihauptkommissar Frank Meier, bei der Landespolizeiinspektion für Verkehrsaufgaben zuständig, den Mitarbeitern der Verkehrsbehörden und Straßenbaulastträger von Landkreis und Städten, vom Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr, von Kombus und von der Regionalverkehrswacht die Auswertung der Landespolizeiinspektion Saalfeld vor. Er bedankte sich ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten und konnte einige überraschende Erkenntnisse aus der Statistik präsentieren.
Insgesamt gehe der Trend wieder deutlich nach unten, stellte Meier fest. „Das ist auch unserer gemeinsamen Arbeit zu verdanken. Und wir hoffen, dass der Trend auch in diesem Jahr anhält.“ Noch 2007 hatte es 3137 Unfälle im Landkreis gegeben. Nach einem bisherigen Tiefstand von 2618 im Jahr 2013 war die Zahl zuletzt auf 2851 im Jahr 2017 gestiegen und ist im Jahr 2018 wieder auf 2715 gesunken. Gegenüber dem Vorjahr also ein Rückgang um 136.
Der Rückgang innerhalb des Inspektionsdienstes Saalfeld-Rudolstadt liegt damit bei 4,8 Prozent und somit über dem Trend der Zahlen des gesamten Bereiches der Landespolizeiinspektion Saalfeld. Dort ist die Zahl der Unfälle um 184 auf 6545 gesunken und damit um 2,7 Prozent.
Unfälle mit verletzten Personen - insgesamt zurückgegangen
Zurückgegangen ist die Zahl der Unfälle mit Verletzten von 377 auf 336 und die Zahl der leichtverletzten Personen von 383 auf 315, leicht angestiegen hingegen ist die Zahl der Schwerverletzten von 115 auf 123. „Wir wissen, dass es von verschiedenen Faktoren abhängt und es oft Glück oder Zufall ist, ob jemand nur leicht oder schwer verletzt wird – aber insgesamt gab es weniger verletzte Personen“, so PHK Meier.
Ein neuer Trend bei den Hauptunfallursachen
„Erstaunlich ist der Anteil der Hauptunfallursachen im vergangenen Jahr“, stellte Meier fest. Bisher habe immer die nicht angepasste bzw. überhöhte Geschwindigkeit auf dem Spitzenplatz gelegen. Von den 431 Personenschadens- und schweren Sachschadensunfällen waren es 2017 in dieser Kategorie noch 84 Unfälle, die jetzt erheblich auf 50 gesunken sind und damit nur noch den 3. Platz einnehmen. Auf dem 1. Platz liegen jetzt Unfälle wegen missachteter Vorfahrt mit 75 und fast gleichauf liegen Unfälle beim Abbiegen, Wenden oder Einfahren mit 73. Auf den weiteren Plätzen folgen Fahren unter Alkoholeinfluss, zu geringer Abstand und Unfälle beim Überholen.
Zahl der Wildunfälle weiter ansteigend
Ein stetiger Anstieg zu verzeichnen ist bei den Wildunfällen. 2011 waren das noch 284, im Jahr 2017 bereits 444 und im vergangenen Jahr 475. Erfasst sind dabei die von der Polizei aufgenommen Unfälle, nicht nur mit den verschiedenen Wildarten, sondern auch mit Fuchs, Dachs und Hase. In einer Auswertung mit der Unteren Jagdbehörde sollen Wege gesucht werden, um diesen Trend aufzuhalten.
Ganz Konkret: Wo Unfälle im Landkreis gehäuft auftreten – die Unfallhäufungsstellen entsprechend „M Uko“
Besonders relevant für die Mitglieder der Unfallkommission ist immer die Auswertung der Unfallhäufungsstellen, also der Stellen, an denen in einem Jahr besonders viele gleichartige Unfälle stattfinden oder an denen in der 3-Jahres-Karte eine Häufung der Unfälle mit Personenschaden festzustellen ist. Die Kriterien dazu legt das Merkblatt zur Örtlichen Unfalluntersuchung in Unfallkommissionen, kurz „M Uko“ fest.
Danach sind im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt an 14 Stellen diese Kriterien gegeben, davon sind sechs neue hinzugekommen. Im Jahr 2017 waren es noch neun Unfallhäufungsstellen sowie zwei unfallauffällige Orte gewesen.
Acht Stellen haben wie in den Vorjahren die Grenzwerte erreicht
Aufgelistet wie in den Vorjahren sind in Rudolstadt die Kreuzung Schwarzburger Chaussee/Schaalaer Chaussee (in den 3 Jahren von 2016 bis 2018 – 8 Unfälle mit Personenschäden), in Saalfeld die Brauhauskreuzung (3 Jahre – 5 Unfälle) und der Kreisel Beulwitzer Straße/Mittlerer Watzenbach (2018 – 5 Unfälle).
Weiterhin sind die freie Strecke zwischen Teichel und Neckeroda auf der B85 (3 Jahre – 3 Unfälle), ebenfalls auf der B 85 die Straße zwischen Probstzella und Gabe Gottes (3 Jahre – 5 Unfälle), auf der B 88 die langgezogene Kurve zwischen Watzdorf und Leutnitz (3 Jahre – 6 Unfälle), auf der
B 90 die Strecke zwischen Hockeroda und Leutenberg sowie auf der B 281 die Kurve zwischen Reichmannsdorf und Hoheneiche km 3,3-3,4 (3 Jahre – 3 Unfälle) erfasst. Dort ist der Umbau der unfallträchtigen Kurve spätestens 2021 im Plan des Landesamts für Bau und Verkehr, wie der Vertreter des Amtes Herr Michael Stahl informieren konnte.
Schwerpunkt Leutenberg - Hockeroda
Aufgrund der auch künftig hohen Verkehrsbelastung und dem hohen Anteil an Schwerlastverkehr auf der B 90 zwischen Hockeroda und Leutenberg sollte aus polizeilicher Sicht geprüft werden, ob dort mittelfristig eine Deckenerneuerung und eine Anpassung der Fahrbahnbreite möglich ist – langfristig sollten die Kurvenbereiche durch eine Verbesserung der Linienführung entschärft werden. „Die Bedeutung der B90 als Zubringer zur A9 wird künftig zunehmen, deshalb macht es Sinn, dass wir heute die Grundlagen dafür legen, damit dort in einigen Jahren die Straße ausgebaut werden kann“, betonte Meier die langfristige Perspektive der Arbeit der Unfallkommission. „Die Unfallzahlen sollen die Erforderlichkeit langfristiger baulicher Maßnahmen verdeutlichen.“ Die Unfallzahlen sind dort erheblich – zwischen 2016 und 2018 waren es 27 Unfälle mit 5 Schwerverletzten und 10 Leichtverletzten, zwischen 2015 und 2017 hatte es sogar 40 Unfälle gegeben, darunter auch ein Getöteter.
Die neuen Unfallhäufungsstellen
Besonders aufmerksam verfolgten die Anwesenden die Erläuterungen zu den neuen Unfallhäufungsstellen.
In Saalfeld gehört dazu die Rudolstädter Straße in der Einmündung Am Eichelteich (2018 – 5 Unfälle), wo sich das Aufkommen der Linksabbieger seit der Eröffnung des Penny-Marktes im Mai 2018 stark erhöht hat. In der aktuellen Bauplanung für den Ausbau der B 281 ab 2020 ist dort eine Linksabbiegerspur vorgesehen, aus polizeilicher Sicht ist dies besonders erforderlich.
Appell an die Radfahrer
An der Abzweigung Bahnhofstraße/Hüttenstraße in Saalfeld kam es häufiger zu Unfällen mit Radfahrern, die dort am Ende des Gehweges nicht abgestiegen waren, wozu sie eigentlich verpflichtet gewesen wären. In der Diskussion dazu machte Polizeioberrat Holger Schulz, der Leiter des Inspektionsdienstes Saalfeld deutlich, dass man die Radfahrer über mehr Öffentlichkeitsarbeit sensibilisieren müsse, sich besser an die Regeln zu halten – um so Unfälle zu vermeiden.
In Rudolstadt ist die Ecke Ludwigstraße/Oststraße neuer Häufungspunkt (3 Jahre – 5 Unfälle), in Schwarza gab es am Abzweig Am Spielborn 6 Verkehrsunfälle innerhalb der letzten drei Jahre – dort zumeist bei abgeschalteter Ampelanlage.
In Bad Blankenburg war in der Bahnhofstraße eine Häufung (3 Jahre – 5 Unfälle) zu beobachten, jeweils durch Linksabbieger aus Richtung Bahnhof, die in die Schwarzburger Straße einbogen. Zugleich war dort wegen der Vollsperrung in Oberköditz auch ein höheres Abbiegeaufkommen in Richtung Schwarzatal zu verzeichnen. Schließlich ereigneten sich auf der Strecke zwischen Bad Blankenburg und Schwarzburg in einer Rechtskurve 6 Unfälle in 3 Jahren – in allen Fällen bei nasser oder winterglatter Fahrbahn und zumeist bei nichtangepasster Geschwindigkeit.
Fazit der Auswertung
„Wir werden die Daten jetzt weiter in den örtlichen Kommissionen auswerten“, so Verkehrsamtsleiter Rüdiger Kurrat zum Abschluss der Präsentation. „Und wir werden unsere Erkenntnisse in die weitere Arbeit mitnehmen, das Abschlussprotokoll an den Präsidenten des Thüringer Landesamtes für Bau und Verkehr senden. “
„Wir haben immerhin fast 1000 Unfälle weniger als vor fünfzehn Jahren“, fasste es PHK Meier nochmals zusammen. „Das zeigt, dass unsere stetigen Bemühungen durchaus Erfolg haben.“
Beigetragen haben dazu auch die Schulungen der Deutschen Verkehrswacht Saalfeld e.V. „Wir hatten im vergangenen Jahr 5000 Teilnehmer bei unseren Schulungen“, erläuterte Reinhard Dierking von der Regionalverkehrswacht. Und wir bieten gerne weitere Schulungen an – die Interessenten müssen sich dazu nur an uns wenden!“
Mehr dazu und aktuelle Termine unter http://www.verkehrswacht-saalfeld.de/
Martin Modes
Presse- und Kulturamt
Foto der Beteiligten der Unfallkommission – Martin Modes
Im Bild v.li. Polizeioberrat Holger Schulz, daneben PHK Frank Meier, ganz rechts Reinhard Dierking von der Regionalverkehrswacht.