Uhlstädt-Kirchhasel/Rudolstadt. Zur traditionellen Flurfahrt hatte der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Jürgen Uting am Dienstag Landrat Marko Wolfram eingeladen. Nachdem im vergangenen Jahr landwirtschaftliche Betriebe im Altkreis Saalfeld auf dem Besuchsprogramm standen, ging es diesmal in den nördlichen Landkreis zum Geflügelhof Teichweiden, der Agrar GmbH Remda, dem Landwirtschaftsbetrieb Burghard Jung in Breitenheerda und zur Herzgut Landmolkerei in Schwarza.
Beim Geflügelhof Teichweiden begrüßte Geschäftsführerin Annerose Blöttner den Landrat und den Verbandsvorsitzenden sowie Uhlstädt-Kirchhasels Bürgermeister Toni Hübler. Der Betrieb war im März vor 50 Jahren zur Eierversorgung von Rudolstadt, Königsee und dem Schwarzatal gegründet worden. Inzwischen produzieren 59.000 Legehennen in Boden- und Freilandhaltung täglich 55.000 Eier, die vor allem regional vertrieben werden. „Vor zehn Jahren begann im Handel das Umdenken und es wurde auf mehr regionale Produkte umgestellt“, berichtet Blöttner. So konnte 2014 ein neuer Freilandstall für 16.500 Legehennen gebaut werden. Inzwischen beschäftigt der landwirtschaftliche Gewerbebetrieb 19 Mitarbeiter, darunter eine Auszubildende für den Beruf der Tierwirtin für Geflügelzucht.
Die Legehennen kommen mit rund 18 Wochen nach Teichweiden und legen unter optimalen Bedingungen etwa 340 Eier in ihrer Haltungszeit. Damit die Tiere sich wohlfühlen, erhalten sie neben Kraftfutter auch Beschäftigungsmaterial wie Luzerne und Picksteine, aber auch Gesteinsmehl zum Sandbaden. Vor dem Freilandgelände picken einige weiße Lohmann-Hennen frisches Grün auf dem Boden und flattern beim Anblick der Besucher schnell wieder in ihr Gehege zurück.
In der Sortierhalle werden die braunen und weißen Eier in Kartons zu sechs oder zehn Stück verpackt. Für große Abnehmer gibt es wiederverwendbare Versandschalen. „Wir liefern direkt an Bäckerbetriebe und die Gastronomie in der Region“, erklärt Geschäftsführerin Blöttner. Während die Gastronomie aufgrund der Corona-Pandemie zwischenzeitlich als Abnehmer wegbrach, stieg der Absatz in den großen Supermarktketten, die vom Geflügelhof beliefert werden. „Regionale Erzeugung mit Arbeitsplätzen hier bei uns, gute Haltungsbedingungen für die Tiere und kurze Lieferwege sind für mich der richtige Weg, um die Versorgung der Menschen bei uns zu sichern. Gerade die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass globale Lieferketten eben nicht krisenfest sind“, zog der Landrat ein Fazit.
Die Zwangspause der Gastronomie war auch bei der nächsten Station, der Agrar GmbH Remda in Sundremda zu spüren. „Bei Rind- und Schaffleisch ist der Absatz zurückgegangen“, berichtet Geschäftsführer Thomas Halbach den Gästen, zu denen der Rudolstädter Bürgermeister Jörg Reichl gestoßen war. Doch viel mehr macht dem Betrieb die Trockenheit zu schaffen. „Es hat im dritten Jahr in Folge viel zu wenig geregnet“, weiß Verbandschef Uting. Auf den ohnehin kargen Böden wächst zu wenig, um die 240 Milchkühe zu versorgen. Der Milchpreis ist weiterhin zu niedrig, um vernünftig wirtschaften zu können. Von den spürbaren Preiserhöhungen für Milchprodukte im Handel ist bei den Erzeugern nicht angekommen.
20 Mitarbeiter und drei Auszubildende bewirtschaften in der Agrar GmbH 1000 Hektar Ackerfläche und 250 Hektar Grünland. Dazu kommt eine 500-köpfige Schafherde, die zur Flächenpflege auf Streuobstwiesen und Magerwiesen eingesetzt wird. 2004 wurde eine moderne Stallanlage mit guten Haltungsbedingungen für die Tiere in Betrieb genommen. Weitere Investitionen stehen an, Halbach und seine Prokuristin Gabi Brühl müssen mit spitzem Bleistift rechnen, was sich davon finanzieren lässt.
Mit dem niedrigen Milchpreis und der Trockenheit kämpft auch Burghard Jung der den gleichnamigen Landwirtschaftsbetrieb in Breitenheerda als Familienbetrieb mit seiner Frau als Buchhalterin, Sohn Peter und dessen Verlobter Manuela Merz sowie Sohn Nico führt. „Wir hatten beim Grünland in den vergangenen beiden Jahren etwa die Hälfte Ertragsausfall“, erklärt Burkhard Jung. 2015 wurde zum großen Teil in Eigenleistung ein neuer Stall errichtet, da der Handel immer stärker auf die Haltungsbedingungen Einfluss nimmt. Mit der Inbetriebnahme verfiel der Milchpreis und hat sich seitdem nicht wesentlich erholt.
90 Milchkühe hält der Familienbetrieb, Platz wäre für 140. Als weiteres Standbein dient deshalb der Hofladen. Um den kümmert sich vor allem der gelernte Fleischer Nico Jung, der zudem einen Partyservice betreibt. Zum Betrieb mit 135 Hektar Nutzfläche gehören außerdem 18 Hektar Wald. Dort hat der Borkenkäfer im vergangenen Jahr zwei Hektar vernichtet. Immerhin, aus dem Holz baut Vater Burkhard Jung selbst Bänke und Tische. Trotz aller widrigen Bedingungen klagt keiner im Familienbetrieb. „Wir lieben den Beruf, sonst würde es nicht funktionieren“, sagt Peter Jung.
Einen betrieblichen Umbruch hat die Herzgut Landmolkerei bereits hinter sich. Dort setzt Geschäftsführerin Rita Weimann verstärkt auf den anhaltenden Trend zu Regional- und Bioprodukten. Die 100 Beschäftigen der Molkerei verarbeiten täglich 160.000 Liter Rohmilch zu Butter, Käse, Joghurt und verschiedenen Milchsorten von der bekannten Herzgut Vollmilch bis zu Bio-Weidemilch. Und gerade in den Sommermonaten gehen Milchprodukte in großen Mengen an Hotels in Spanien und Italien.
Deshalb blickt man in der Molkerei gespannt auf die Corona-Entwicklung in Europa. Durch die Grenzschließung hatte man in Schwarza mit einem erheblichen Einbruch gerechnet. „Stattdessen ist der Absatz dramatisch gestiegen von 200 auf 500 Tonnen pro Woche“, berichtet Weimann. So konnte der weggefallene Auslandsmarkt durch eine verstärkte Nachfrage im Inland mehr als kompensiert werden. Das bestätigt auch die Nachfrage im kleinen Regionalladen der Molkerei. Hier gibt es neben den Herzgut-Produkten auch Eier aus Teichweiden und hausgemachte Wurst aus Breitenheerda, Senf aus Kleinhettstedt und Honig aus verschiedenen Imkereien im Landkreis.
Die Landmolkerei setzt nicht nur auf qualitativ hochwertige regionale und Bioprodukte, sondern auch auf wachsende Bekanntheit. Dafür zeichnet Franziska Gebbensleben verantwortlich, die die Unternehmenskommunikation führt. Kunden können Kuhpatenschaften übernehmen oder (demnächst wieder) Käseseminare an der Kreisvolkshochschule belegen. Über soziale Medien suchen die Schwarzaer den direkten Kontakt zu den Verbrauchern. „Ich bin heute wieder beeindruckt, wie mit viel Wissen und noch mehr Leidenschaft bei uns im Landkreis Lebensmittel für die Menschen hier produziert und verarbeitet werden“, zog Landrat Wolfram Bilanz. „Die Erzeuger brauchen dafür faire Preise, von denen sie leben, wieder investieren und Arbeitsplätze in der Region erhalten können. Dafür werde ich mich weiter einsetzen“, versprach Wolfram.
Kontakte:
Hofladen Jung, Breitenheerda, Kranichfelder Straße 32, Tel. 036744-20262, Öffnungszeiten: Do-Fr: 13 bis 19 Uhr, Sa 9 bis 13 Uhr
Herzgut Landmolkerei eG, Blankenburger Straße 18, Rudolstadt, www.herzgut.de
Peter Lahann
Presse- und Kulturamt