Saalfeld/Lehesten/Ludwigsstadt. „Ich habe diesem Tag entgegen gefiebert. Denn das ist ein Ereignis, das seinesgleichen sucht“, beschreibt Landrat Marko Wolfram gestern am Technischen Denkmal in Lehesten, den Ortstermin, der eigentlich nur die Pressevorstellung eines Buches sein sollte. Doch neben den Medien aus der thüringischen und fränkischen Region waren auch viele Heimatfreunde der Einladung des Verlages zur Buchvorstellung gefolgt. Das Buchprojekt „Thüringisch-fränkischer Schieferbergbau“ klingt zunächst unspektakulär. Doch vielen der Anwesenden war schon vorher bewusst, was die Buchautoren Siegfried Scheidig, Frank Barteld und Frank Schein an diesem Nachmittag im Pferdegöpel am Schieferbruch präsentierten: „Hier ist etwas Grundlegendes für die Region entstanden, was den Schiefer betrifft, ein Standardwerk für alle Forscher“, schätzt Landrat Marko Wolfram das Buch ein, das er schon seit seinem Entstehen begleitet hat. „Es ist ein sehr lesenswertes und schönes Buch für alle historisch Interessierten.“
Autoren aus Franken und Thüringern haben intensiv zusammen gearbeitet. „Auch die grenzüberschreitende finanzielle Unterstützung der beiden benachbarten Kreissparkassen Saalfeld-Rudolstadt und Kulmbach-Kronach sowie die Carl-August-Heinz-Stiftung haben das Buch ermöglicht“, lobte der Landrat. Verleger Frank Barteld hatte dazu eine Zahl: „Bücher dieser Größenordnung sind sonst wesentlich teurer, durch die Sponsoren konnte der Preis um zehn Euro niedriger gehalten werden.“
In seinem Grußwort lobte auch der Kronacher Landratsstellvertreter Gerhard Wunder „Wir brauchen Menschen, die so etwas mit dem Herzen machen.“ Der Steinwiesener Bürgermeister betonte auch den touristischen Aspekt der Schieferregion, zumal er selbst oft zum Wetzstein komme.
Die Buchmacher von dem in Berga/Elster beheimateten Verlag hatten sich für ihre Vorstellung etwas Besonderes einfallen lassen: nachdem sie im Pferdegöpel die Entstehungsgeschichte des Buches geschildert hatten, führten sie die Gäste durch das Gelände, um anhand historischer Aufnahmen und neuester Erkenntnisse die Entwicklung des Standortes erlebbar zu machen. Dabei klärten sie auch über einige neuere Erkenntnisse auf. „Der Pferdegöpel ist der letzte original erhaltene Pferdegöpel in Europa“, so Frank Barteld. Weil dieser aber erst 1862 errichtet wurde und nicht schon 1846, wie es bis heute auf den Tafeln steht, und ab 1865 mit Dampfmaschinen gearbeitet wurde, wurden Pferde hier nur etwa drei Jahre eingesetzt.
Die Vorgeschichte des Buches reicht Jahrzehnte zurück. Denn Buchautor und Kreisheimatpfleger in Kronach, Siegfried Scheidig aus Lauenstein, sammelt seit seiner Jugend historisches Material. Bei einer Begegnung vor sieben Jahren mit Hans-Jürgen und Frank Barteld zum 125jährigen Eisenbahnjubiläum in Probstzella – „ein Glücksfall“, so Scheidig - wurde die Idee geboren, ein umfassendes Werk über das Schieferrevier um Lehesten, Ludwigsstadt und Probstzella zu verfassen. Schon damals war die Materialfülle enorm: 140 Aktenordner allein besaß Scheidig. Im Zuge der Recherchen für das Buch, sichteten er und Frank Barteld 140 000 Aktenblätter in den thüringischen und fränkischen Archiven. Und sie profitierten von weiteren Glücksfällen – wie dem Archiv des ehemaligen Unterloquitzer Schiefergrubenleiters Alfons Olbricht, „des Chronisten des Thüringer Schieferbergbaus schlechthin“, dessen Archiv sein Sohn Thomas Olbricht zur Verfügung stellte. „Als wir im Jahr 1990 bei ihm klingelten, war es, als wären wir schon Jahrzehnte befreundet“, schildert Scheidig die erste Begegnung mit Olbricht. Ihm habe man es auch zu verdanken, dass das Deutsche Schiefertafelmuseum in Ludwigsstadt heute das ist, was es ist. Alfons Olbricht habe immer ein Buch über das Thema schreiben wollen. Deshalb sei das Schieferbuch auch in seinem Gedenken entstanden.
Als Verleger und Mitautor, der selbst in den Archiven mitrecherchierte, hatte Barteld das gesamte Umfeld im Blick. Deshalb betonte er ausdrücklich: „Wir würden uns niemals einbilden, mehr zu wissen als die Bergleute, die ihr Leben lang unter Tage verbracht haben.“ Am Zustandekommen des Standardwerks sind viele weitere Experten beteiligt, wie Coautor Frank Schein, Geologe Dr. Rainer Schubert, Dr. Heinz Pfeiffer und Werner Liebeskind. Mit diesem verbindet den Verlag ein besonderes Verhältnis: Liebeskind ist der Autor des „Blaues Gold von Lehesten“, eines längst vergriffenen Beststellers über den Lehestener Schiefer – und des ersten Buches aus dem Barteld-Verlag im Jahr 2001.
Besonders verdient habe sich auch Carsten Reitz gemacht, der über Kauf im Internet wertvollstes Bildmaterial für die Region gesichert habe.
Das Werk ist auf vier Bände mit über 1000 Seiten konzipiert, Band 1 und 2 sind jetzt erschienen, für die beiden anderen Bände hat man sich die nächsten drei Jahre als Ziel gesetzt.
Thüringische-fränkischer Schieferbergbau
Teil 1: Dach- und Tafelschiefer: Überblick zur Geschichte, Geologie, Technik von Gewinnung und Verarbeitung
Teil 2. Oertelsbruch und Staatsschieferbrüche: Die großen Betriebe bei Lehesten mit ihren Werk- und Anschlussbahnen
Im Gruppenbild Landrat Marko Wolfram, Landratsstellvertreter Gerhard Wunder (LRA Kronach), die Autoren und die Sponsoren - und beim Rundgang durch das Gelände des Technischen Denkmals Historischer Schieferbergbau Lehesten.
Martin Modes
Presse- und Kulturamt