Saalfeld. Der Bamberger Architekturfotograf Uwe Gaasch und seine Assistentin, die Kunsthistorikerin Julia Tammert, waren kurz vor Weihnachten einige Tage in Saalfeld zu Gast. Ihr Auftrag lautete, die barocken Wand- und Deckenmalereien im Saalfelder Schloss akribisch zu dokumentieren. Damit ist das Forschungsprojekt „Corpus der barocken Wand- und Deckenmalerei in Deutschland“ (CbDD), das 2015 begonnen hat, im Saalfelder Schloss schon in der zweiten Phase angekommen.
Nach einer ersten Erfassung der Gemälde durch Dr. Heiko Laß im September hatte der freiberufliche Bamberger Fotograf Gaasch nun den Auftrag vom Marburger Bildarchiv erhalten, eine mehrere hundert Motive umfassende Liste abzuarbeiten. Das ist ihm sichtlich leicht gefallen, wie er und seine Begleiterin im Gespräch erläutern: „Wir haben uns hier sehr wohl gefühlt, das Entgegenkommen, das wir hier gespürt haben, ist nicht überall selbstverständlich.“
Im Rahmen seiner Aufträge war er zuletzt in Potsdam, Berlin, in der neuen Residenz Bamberg – für ihn ein Heimspiel – oder in Schloss Ludwigsburg bei Stuttgart, einem der größten erhaltenen Schlösser. Und auch in Saalfeld war er zwei Wochen zuvor bereits tätig– da stand einen Tag lang der Festsaal des Franziskanerklosters auf der Auftragsliste.
Projekt ist auf 25 Jahre angelegt – Saalfelder Schloss schon in der Frühphase dabei
Das auf 25 Jahre ausgelegten Forschungsprojekts ist derzeit in der Frühphase – und das Saalfelder Schloss stand als eines der ersten Gebäude auf dem Programm. Dr. Heiko Laß ist im Münchner Institut zuständig für Thüringen. Und weil er als ehemaliger Mitarbeiter der Thüringer Stiftung Schlösser und Gärten ein Spezialist für die Thüringer Schlossbauten ist, hat er der Saalfelder Schlosskapelle aufgrund ihrer Bedeutung große Aufmerksamkeit gewidmet.
„Ein Schloss wie das hier ist in dieser Form und Vollständigkeit eher selten und sehr beeindruckend“, stellte Fotograf Gaasch am Ende seiner einwöchigen Fototour fest. „Für die Größe des Schlosses ist hier drin noch sehr viel an Ausstattung erhalten.“ Eine gewisse Begeisterung ist dem Oberfranken anzumerken, der sowohl privat wie beruflich oft in Thüringen ist und in der entdeckenswerten Landschaft schnell entspannen kann.
Beteiligt war Uwe Gaasch auch schon an einer Fotokampagne über mittelalterliche Wandmalereien in Thüringen. Wie zum Beispiel Paulinzella. Besonders gut kann er sich an die kleine Kirche in Haufeld erinnern. „Die Malereien dort im Chor und an den Seitenwänden, die um 1100 entstanden sind, sind unglaublich. Haufeld ist einfach ein Highlight!“ erinnert er sich.
Bei Fotokampagnen wie dieser werden die Gebäude komplett erfasst. „Mit der heutigen Digitaltechnik geht das genauer, schneller und hochwertiger als früher“, so Gaasch. Im Bildarchiv Marburg werden demnächst die katalogisierten Aufnahmen vorliegen, die nicht nur der Forschung, sondern auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Auf der Internetseite des Marburger Bildarchivs findet man unter www.bildindex.de bereits heute einen unschätzbaren Fundus an kunsthistorisch wertvollen Bildern. „Seit über 100 Jahren sind die Bildaufnahmen dort dokumentiert, teilweise von Glasplatten, die bis ins Jahr 1850 zurück reichen“, erläutert Gaasch.
Saalfelder Schloss als Teil des „Führerauftrags Monumentalfotografie“ auf der Seite des Marburger Bildarchivs
„Umfangreich ist auf der Marburger Seite bereits die barocke Deckenmalerei des Saalfelder Schlosses dokumentiert“, darauf macht Martin Modes vom Presse- und Kulturamt aufmerksam, der den Bamberger Fotografen betreut hatte. „Erst im Zuge des Besuchs von Uwe Gaasch bin ich darauf gestoßen, dass von 1943 – 1945 praktisch alle damals noch vorhandenen Innendekorationen dokumentiert sind.“
Auf Initiative Adolf Hitlers waren in dieser Zeit alle bedeutenden Bauwerke dokumentiert worden, die durch Luftangriffe der Alliierten gefährdet waren. Unter den 40.000 auf der Seite des Bildarchivs Marburg zugänglichen Farbdiapositiven finden sich auch die Aufnahmen des Saalfelder Schlosses des Fotografen Rolf W. Nehrdich.
„Besonders interessant daran ist zweierlei“, schätzt Modes es ein: „Einerseits sind die Bilder im damaligen teils noch unrestaurierten Zustand dokumentiert, andererseits sind Zuordnungen damals teilweise auch falsch wieder gegeben, wie wir aus dem heutigen Forschungsstand wissen.“
Erst seit Anfang der 2000er Jahre ist dieses fotografische Spezialarchiv digitalisiert worden und damit in Gänze sichtbar und auswertbar.
Hintergrund – das Forschungsvorhaben: „Corpus der barocken Wand- und Deckenmalerei in Deutschland“ (CbDD)
Das Forschungsvorhaben wird von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) betreut wird und ist an zwei Arbeitsstellen angesiedelt: Beim Institut für Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München sowie beim Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg.
Martin Modes
Presse- und Kulturamt
Fotos: Patricia Pohle
Im Anhang Fotos von der Kampagne im Saalfelder Schloss mit Uwe Gaasch und Julia Tammert
Und eine Seite vom Bildindex mit den Bildern 1943/1945 – mit falscher Zuordnung: Das Bild im Saalfelder Haupttreppenhaus zeigt tatsächlich Johann Ernst und seine zweit Frau Charlotte Johanna von Waldeck und nicht seinen Vater Ernst den Frommen.