Saalfeld. Die Heimat- und Geschichtsverein Gorndorf gehört – zusammen mit der Spinnsstube Schwarza und dem Team vom Grenzbahnhofmuseum Probstzella – zu den Preisträgern des diesjährigen Ehrenamtspreises des Landkreises, der jeweils mit 300 Euro dotiert ist. Als die Preise bei der Ehrenamtsgala des Landkreises am 9. September verliehen wurden, konnten die Vereinsmitglieder nicht anwesend sein. Deshalb holte Landrat Marko Wolfram am Mittwoch dieser Woche die Übergabe des Preises in der Heimatstube in Gorndorf nach. „Was der Verein seit seiner Gründung auf die Beine gestellt hat, ist enorm“, sagt der Landrat nach dem Rundgang durchs Gebäude. „Hier wird das gesammelte Wissen des Vereins präsentiert, das in wenigen Minuten gar nicht wirklich zu erfassen ist. Deshalb freue ich mich, dass demnächst einiges davon in den Rudolstädter Heimatheften abgedruckt werden soll.“
Eine fünfköpfige Vereinsdelegation mit dem Vorsitzenden Andreas Schleitzer und Kassenwart Wolfgang Storz, den Senioren Horst Krieck und Lothar Franke sowie Stefanie Staudte führten den Landrat durch das Gebäude, das der Verein unter dem Motto „Vom alten abrissreifen Bauernhaus Anno 1670 zum schönen Vereinsdomizil“ praktisch komplett in Eigenleistung saniert hatte. Dieses steckt voller Überraschungen – schon am Eingang erwartet die Besucher ein Sichtfenster mit einem alten Kinderschuh und einem Löffel, die bei den Umbauarbeiten entdeckt wurden. Beim Einmauern solcher Gegenstände handelt es sich um ein kaum bekanntes Ritual, mit dem Unheil vom Haus abgewendet werden sollte.
Regelmäßig ist der Verein auf dem Saalfelder Zunftmarkt präsent. „Besonders gut kommen Aktionen zum Mitmachen an wie das Dreschen mit einem Dreschflegel oder das Messerschleifen“, berichtet Horst Krieck, der auch Spezialist ist für das Zeichnen historischen Häuser.
Im Museumsbereich gibt es eine eigene Rubrik Gorndorfer Handwerk früher und heute mit einer alten Schusterwerkstatt. Im Haus ist auch eine kleine Ausstellung mit Mineralien zu finden. Kernstück ist allerdings das Ausstellungszimmer mit den Häuserchroniken und weiteren schriftlichen Zeugnissen und Bilddokumentationen.
Eine Besonderheit ist die Gorndorfer Chronik von Moritz Mitzenheim, der von 1917 bis 1929 Pfarrer in Saalfeld und Gorndorf war und später von 1945 bis 1970 als Landesbischof an der Spitze der Thüringer Landeskirche stand. Der Verein organisiert auch jedes Jahr die Feier zur Kirmes - eng ist deshalb auch der Kontakt zur Kirche und dem zuständigen Pfarrer Christian Weigel. „Und wir backen dazu die Gorndorfer Detscher – das sind die besten Detscher“, wirbt Stefanie Staudte.
Martin Modes
Presse- und Kulturamt
Im Bild vor dem Gebäude:
Wolfgang Storz, Lothar Franke, Horst Krieck, Stefanie Staudte, Andreas Schleitzer und Landrat Marko Wolfram.
Foto: Bildarchiv LRA Martin Modes
Hintergrund zur Geschichte des Heimat- und Geschichtsverein Gorndorf
Am 26. Februar 2003 hatten sich 13 Gorndorfer im Gemeindehaus auf dem Anger eingefunden und gründeten den Heimat- und Geschichtsverein Gorndorf e. V. anlässlich des 675. Gründungsjubiläum Gorndorfs mit den damit verbundenen Feierlichkeiten im gleichen Jahr. Den heute 63-jährige Andreas Schleitzer wählten sie zum Vorsitzenden – und er ist es bis heute.
Die Vereinsmitglieder schufen sich zunächst mit der Sanierung eines abrissreifen historischen Gorndorfer Hauses aus dem Jahr 1670 ein eigenes Domizil, weit mehr als 10.000 unbezahlte Arbeitsstunden flossen in den Ausbau des alten „Haunshauses“. Im Erdgeschoss des Gebäudes befindet sich heute die Heimatstube mit einer kleinen Ausstellung zu historischen Landwerkzeugen und Exponaten der Agrargeschichte des Ortes. Am 22. März 2006 fand die Schlüsselübergabe für das alte Bauernhaus statt und im April 2012 wurde die Einweihung nach dem Umbau zum Vereinssitz gefeiert.
Zu den Aufgaben des Vereins gehört es ferner, von den alten Gorndorfern die Lebensgeschichten einzusammeln, ehe sie verloren gehen. Die Vereinsmitglieder legten Häuserchroniken an, sammelten Geld für die Sanierung der Orgel in der Gorndorfer Kirche und auch für das neue Kirchendach. Der Verein fühlt sich zudem für die Instandhaltung der Weira-Brücken im Ort verantwortlich. Eine große Aufgabe war auch die Dokumentation des Baus der Umgehungsstraße 2003 bis 2007.
Die Bestandserfassung für das Museumsentwicklungskonzept des Landkreises, das am 24. Mai im Kreistag verabschiedet wurde, hatte gezeigt, wieviele Einrichtungen im Landkreis ehrenamtlich betreut werden. Das gilt insbesondere für die Heimatstuben und Heimatmuseen.
Der Kreistag wählte als diesjähriges Schwerpunktthema für die Ehrenamtsförderung die Heimatmuseen und Heimatstuben aus und setzte damit ein Zeichen für die konkrete Unterstützung durch den Landkreis.
Der Verein in Gorndorf wurde als einer der drei diesjährigen Preisträger ausgewählt und damit die große Leistung des Vereins für die Aufarbeitung der Heimatgeschichte hervorgehoben. Die Stadt Saalfeld hatte den Verein als Preisträger vorgeschlagen.
Schon 2006 hatten der Landkreis und die Kreissparkasse den Heimat- und Geschichtsverein Gorndorf e.V. unterstützt. Die damalige Landrätin Marion Philipp als Verwaltungsratsvorsitzende hatte zusammen mit dem damaligen Sparkassenvorstand Alfred Weber einen Fördermittelbescheid der Kreissparkasse Saalfeld-Rudolstadt in Höhe von ein Tausend Euro an den Heimat- und Geschichtsverein Gorndorf e.V. übergeben Die Summe war für den Ausbau des Gebäudes in der Weira Straße bestimmt, in dem die rührigen Gorndorfer ein Ortsmuseum einrichten wollten.
„Mit dieser Summe unterstützen wir nicht nur die engagierte Arbeit des Vereins. Die vielfältigen Aktivitäten bei der Ausrichtung von Festen, bei den Recherchen zur Gorndorfer Ortsgeschichte und jetzt beim Aufbau einer Heimatstube kommen allen Gorndorfern zugute“, stellte die Landrätin damals beim Rundgang mit Vereinsvorsitzendem Andreas Schleitzer fst.
Foto dazu aus 2006: Bildarchiv LRA Martin Modes