Rudolstadt. Zu den umfangreichen Beständen, die das Kreisarchiv Saalfeld-Rudolstadt verwahrt, gehören unter anderem auch zahlreiche historische Personenstandsregister aus den einzelnen Gemeinden des Landkreises. Diese Register wurden 1874/1876 im damaligen Deutschen Reich flächendeckend eingeführt, um Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle systematisch zu erfassen. In dieser Funktion lösten sie ab diesem Zeitpunkt die Kirchenbücher ab, die bis dahin jahrhundertelang diese Aufgabe erfüllt hatten.
Seit einer Neufassung des Personenstandsgesetzes im Jahr 2007 geben die Standesämter ältere Register regelmäßig an die zuständigen Archive ab, wo sie seitdem zu den meistgenutzten Unterlagen überhaupt zählen. Die Register sind eine einzigartige historische Quelle für die Region: aus ihnen lassen sich nicht nur minutiös die Geschichten einzelner Personen ermitteln, sondern sie lassen sich darüber hinaus auch für eine Fülle sozialhistorischer Fragestellungen auswerten. Sie bieten damit Möglichkeiten einer Mikrogeschichte der Region, wie sie keine anderen Quellen aufweisen: Familienforscher ermitteln über sie ihre Vorfahren, während Erbenermittler nach Abkömmlingen forschen. Grundstückseigentümer wollen den Tod von Personen nachweisen, die in einem Grundbuch nie gelöscht wurden; Ortshistoriker recherchieren zu lokalen Berühmtheiten oder besonderen Sterbefällen. Sie alle können in den historischen Personenstandsregistern Antworten auf ihre ganz verschiedenen Fragen finden.
Während diese rege Nutzung für das Kreisarchiv einerseits erfreulich ist, so trägt andererseits jedes Herausholen der oft über hundert Jahre alten Bände zu ihrem langsamen Zerfall bei. Bindungen lösen sich, altes Papier wird brüchig, ganze Seiten zerbröseln von Mal zu Mal mehr. Da das Kreisarchiv die Aufgabe hat, historische Unterlagen nicht nur zu verwahren, sondern auch für ihre fachgerechte Erhaltung zu sorgen, besteht hier also grundsätzlicher Handlungsbedarf. Aus diesem Grund strebt das Archiv an, langfristig eine möglichst große Zahl der Register zu digitalisieren. Durch die Nutzung von Digitalisaten kann die Nutzung der Originale auf ein Minimum reduziert werden. Gleichzeitig erlaubt die Verwendung von Digitalisaten eine wesentlich größere Flexibilität, Qualität und nicht zuletzt Geschwindigkeit bei der Beantwortung von Nutzeranfragen. Fotokopien in teilweise unzufriedenstellender Qualität oder potenziell fehlerhafte Abschriften gehören damit der Vergangenheit an.
Dank der Unterstützung des Deutschen Bibliotheksverbands (DBV) im Rahmen des Programms „WissensWandel“ konnte nun erstmals eine größere Anzahl von Registerbänden erfolgreich digitalisiert werden. Das Förderprogramm ist Teil des Rettungs- und Zukunftsprogramms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und soll die Digitalisierung von Bibliotheken und Archiven fördern.
Für das Projekt des Kreisarchivs Saalfeld-Rudolstadt stellte der DBV knapp 2.800 Euro an Zuwendungen zur Verfügung. Zusammen mit einem Eigenanteil des Landkreises konnten so insgesamt vierzig historische Personenstandsregister durch eine Erfurter Fachfirma professionell digitalisiert werden. Die digitalisierten Einträge umfassen Geburten, Heiraten und Sterbefälle aus den ehemaligen Standesämtern Döschnitz, Goßwitz, Quittelsdorf, Röblitz und Unterweißbach sowie dem Standesamt Unterwellenborn und erstrecken sich auf den Zeitraum zwischen 1876 und 1952. Jeder einzelne Eintrag des jeweiligen Registers liegt nun als hochaufgelöstes, einzeln abrufbares Digita-lisat vor und kann für eine Nutzung unmittelbar zur Verfügung gestellt werden.
Das jetzt durchgeführte Projekt soll dabei ein Auftakt sein, denn nach wie vor liegt der größte Teil der historischen Personenstandsregister im Kreisarchiv in klassisch-analoger Form vor. In den kommenden Jahren sind daher weitere Digitalisierungsprojekte dieser Art geplant, um dem großen Interesse der Nutzer an diesem Bestand Rechnung zu tragen – aber gleichzeitig die wertvollen Originale zu schonen und für künftige Generationen zu bewahren.
Presse- und Kulturamt