Saalfeld. „Wir können sehr zufrieden sein, was das Kreisarchiv mit der Restaurierung und Rettung von wichtigem Kulturgut des Landkreises im vergangenen Jahr geleistet hat“, sagt Landrat Marko Wolfram angesichts der Vorstellung eines Jahresberichts aus dem Kreisarchiv. Davon profitierten im vergangenen Jahr mehrere Personenstandsregister und ein historisches Pfarrarchiv, wie Kreisarchivar Martin Gretscher jetzt zusammenfasste. Über eingeworbene Fördermittel konnten 2022 aufwendige Restaurierungs- und Digitalisierungsprojekte realisiert werden.
So bewahrte die Restaurierung durch eine Leipziger Fachfirma ein stark beschädigtes Meuselbacher Geburtenregister aus dem 19. Jahrhundert vor dem drohenden Zerfall. Parallel dazu konnten weitere historische Personenstandsregister aus Oberweißbach, Döschnitz, Unterwellenborn und anderen Orten systematisch und in hoher Qualität digitalisiert werden. Durch die hohe Nutzungsfrequenz dieser Register sind die über 100 Jahre alten Bücher langfristig in ihrer Erhaltung gefährdet, so dass die Digitalisierung hier eine originalschonende und flexible Alternative in der Nutzung bietet.
Etwas Besonderes war eine Aktion wie im Februar 2022, als durch den Einsatz des Kreisarchivs in Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv Rudolstadt und dem Landeskirchenarchiv Eisenach ein historisches Pfarrarchiv auf einem Unterweißbacher Dachboden gesichert werden konnte. Dort lagerten, von einigen Jahrzehnten Staub bedeckt, über ein Dutzend große Kartons mit zahlreichen historischen Akten. Bei der näheren Betrachtung stellte sich rasch heraus, dass es sich hierbei offenbar um das ehemalige Pfarrarchiv der Kirchgemeinden Unterweißbach und Sitzendorf handelte. Martin Schiebe, der enge familiäre Beziehungen nach Unterweißbach hat, war auf alte Dokumente auf dem Dachboden eines kurz vor dem Verkauf stehenden Hauses aufmerksam geworden und hatte das Thüringer Staatsarchiv in Rudolstadt entsprechend informiert.
Durch den Einsatz der Archivmitarbeiter konnten u.a. zahlreiche Dokumente zur Ortsgeschichte bewahrt werden, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. So sind für Unterweißbach beispielsweise Rechnungsbücher aus den Jahren 1566-1569 erhalten, die neben den einzelnen Abgaben auch die Namen der Einwohner des Ortes in dieser Zeit aufführen. Auch die mit Akribie geführten Protokolle zu unehelichen Geburten im 19. Jahrhundert sind vielleicht nicht nur für Familienforscher von Interesse. Eine systematische Erfassung des Bestandes dürfte vermutlich noch manche weitere Überraschung zutage fördern. Die Akten wurden nach der Begutachtung zuständigkeitshalber dem Landeskirchenarchiv übergeben.
Dazu hat Martin Gretscher einen Appell an alle Bürger im Landkreis „Die Sicherung des Unterweißbacher Pfarrarchivs zeigt deutlich, wie wichtig aufmerksame Einwohner sind, die sich der Bedeutung „alter, verstaubter Akten“ für die Geschichte ihrer Orte bewusst sind. Nicht nur in Unterweißbach, sondern auch in manchem anderen Ort im Landkreis dürften sich auf diesem oder jenem Dachboden, in dieser oder jener Kammer noch historische Unterlagen finden, die für die Ortsgeschichte hochinteressant sind. Bevor sie vielleicht eines Tages für immer verloren gehen, sollte rechtzeitig mit einem Archiv Kontakt aufgenommen werden.“
Hinweis:
Das Kreisarchiv Saalfeld-Rudolstadt finden Sie im Haus III des Landratsamtes in der Schwarzburger Chaussee 12 in Rudolstadt, in dem bis 1902 errichteten Gebäude, in dem sich über mehrere Jahrzehnte das Schwarzburgische Ministerialgebäude des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt befunden hatte.
Martin Modes
Presse- und Kulturamt
Fotos Kreisarchiv:
1. Blick auf ein paar der sichergestellten Akten aus dem Pfarrarchiv Unterweißbach. So sind für Unterweißbach beispielsweise Rechnungsbücher aus den Jahren 1566-1569 erhalten
2. Alte gebundene Personenstandsregister
3. Digitalisat des Unterwellenborner Sterberegistereintrags der Johanne Elisabeth Sophie Geyer vom 18.10.1878