Saalfeld. Der inzwischen 66. Jahrgang der Rudolstädter Heimathefte ist abgeschlossen. Heft 11/12 2020, das letzte Heft des Jahrgangs 2020, ist seit Mitte November im Handel. In einer Art Titelgeschichte widmet sich die Kieler Kunsthistorikerin Prof. Ingrid Höpel auf ungewöhnliche Weise mit dem Bildprogramm der Saalfelder Schlosskapelle, das auf dem Emblem Buch „Symbola Christiana“ des Autors Philoteus beruht. Dabei zieht sie Vergleiche zu ähnlichen Symbolen, die in der Kirche in Leck und auf einem alten Eichenschrank im Dorf Struckum in Nordfriesland verwendet werden. Allen dient das Emblembuch als Vorlage. 1677 von Philoteus alias Karl II., Kurfürst von der Pfalz, verfasst, enthält das Werk 100 runde, in Kupfer gestochene Bilder die mit einem lateinischen Motto eingefasst und auf der folgenden Seite von einem Prosatext begleitet werden – und die in einer Thüringischen Schlosskirche ebenso zu finden sind wie im hohen Norden.
Des Weiteren beschäftigt sich der mehrfach mit Historikerpreisen ausgezeichnete Autor Jürgen Weyer mit der Geschichte der Wüstung Benndorf. Der inzwischen 90jährige Herbert Breitrück, einer der prägenden Persönlichkeiten des Naturschutzes im Landkreis stellt die Blume des Jahres 2020, den Fieberklee, vor. Jeanette Lauterbach und Lars Krauße, beide Mitarbeiter des Thüringer Landesmuseum Heidecksburg, befassen sich mit dem Rudolstädter Porträt- und Historienmaler Erich Brunkal. Im Jahr 2019 hatte es anlässlich umfangreicher Bestandszuwächse von Werken des Künstlers eine Sonderausstellung auf der Heidecksburg gegeben.
Die Rudolstädter Heimathefte sind auch im Jahr 2020 durchgängig erschienen
Die älteste, noch bestehende Publikationsreihe ihrer Art in Thüringen erschien auch in diesem Jahr durchgängig im 2 Monats-Rhythmus. Das ist angesichts der in diesem Jahr alles bestimmenden Corona-Pandemie keine Selbstverständlichkeit. Zwar befinden sich die Heimathefte mit Beiträgen zu den Themen Geschichte, Kultur und Natur in einer vergleichsweise günstigen Position. Trotzdem gab es sowohl beim Verkauf in den Buchhandlungen, die im Frühjahr geschlossen waren, als auch der Arbeitsweise von Redaktion und Autoren massive Auswirkungen., Redaktionsrunden zum Besprechen der Artikel konnten nicht stattfinden, es gab einen rein digitalen Austausch. Dennoch gelang es „ganz analog“, alle zwei Monate ein neues Rudolstädter Heimatheft herauszubringen, ein kleines gedrucktes Buch, das durch ein rein digitales Produkt nicht zu ersetzten wäre. In jedem Heft finden sich Ergebnisse spannender Recherchen der fachkundigen Autoren.
Ein Rückblick auf Höhepunkte im Jahr 2020
Leipzig, Berlin und Saalfeld: Ein besonderes, inzwischen weitgehend unbekanntes Kapitel lokaler Sportgeschichte von nationaler Bedeutung haben Reinhard Blechschmidt und Klaus Herrmann aufgearbeitet. Beide haben aktiv mitgewirkt, als Saalfeld dank der Volleyballer von der ehemaligen Otto-Ludwig-Oberschule ein Jahrzehnt lang eines der wenigen national wichtigen Sportzentren für Volleyball in der DDR gewesen ist – zusammen mit Leipzig und Berlin. Erst nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde die Sportart Volleyball in Deutschland bekannt. In Saalfeld fiel sie auf fruchtbaren Boden, die Stadt wurde eine regelrechte Volleyballhochburg in Thüringen – dank des damaligen Sportlehrers Karl Schaarschmidt.
Einen Themen-Schwerpunkt bildet auch das Saalfelder Schloss. So haben die beiden Emblematik Forscher Prof. Dietmar Peil (Universität München) und Prof. Ingrid Höpel (Universität Kiel) Themen zur Emblematik im Saalfelder Schloss herausgearbeitet. Die bedeutende Rolle von Schwarzburg-Rudolstadt beim Übergang von der Monarchie hin zur Republik im Land Thüringen wird von Frank Esche geschildert. Hierfür zeichnet er die zeitlichen Abläufe und politischen Geschehnisse des Freistaates Schwarzburg-Rudolstadt und der Gebietsvertretung Rudolstadt nach.
In drei Fortsetzungen befasste sich Volker Taubert mit der Geschichte der VEB Antennenwerke Bad Blankenburg vom Neubeginn 1950 bis zur Privatisierung der einzelnen Geschäftsfelder als selbstständige Betriebe im Jahr 1993. Redaktionsmitglied Karlheinz Schönheid beleuchtet in einem chronologischen Abriss die Geschehnisse in der Schwarzburger Oberherrschaft zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Thüringen zählte zu den im Dreißigjährigen Krieg am stärksten geschädigten deutschen Landstrichen, da es Aufmarschgebiet mehrerer Kriegsparteien war. Hier sammelten sich immer wieder gegnerische Truppen. Der Chronologische Abriss beginnt 1620 und besteht bislang aus drei Teilen, der Abschluss wird dann im 67. Jahrgang 2021 erfolgen.
Auch Familiengeschichten und Einzelschicksale haben wieder ihren Weg in die sechs Ausgaben des Jahres gefunden. Stellvertretend seien genannt der Beitrag von Elvira Grudzielski zu den Liebmanns, einer in Oberweißbach angesiedelten Großfamilie von Hammerschmieden, Laboranten, Olitätenhändlern und Kaufleuten sowie der Beitrag der Brüder Lothar und Helmut Liebmann zum Glashändler und Musketier Simon Wagner aus Gösselsdorf. Zur Städte- und Baugeschichte lieferte Dr. Roland Pangert einen Beitrag über das Rudolstädter Stadttor „Storch“, an das seit dem 24. Juni 2019 ein Bronzemodell, gestiftet vom Rotary-Club Rudolstadt, in der Rudolstädter Fußgängerzone erinnert.
Ausführliche Heftbeschreibungen
Im Heft 1/2 2020 wurde der große Dreiteiler von Volker Deubler über die Verbindung von Heraldik und Genealogie der Schwarzburger in der Rudolstädter Stadtkirche abgeschlossen. Zu den weiteren Themen gehörte ein Blick von Jürgen Tauchen auf den Kantor, Organist und herzoglichen Kirchenmusikdirektor zu Saalfeld – Wilhelm Köhler. Ihm ist es zu verdanken, dass das Saalfelder Musikleben und die Chorarbeit an der Johanneskirche einen außergewöhnlichen Aufschwung nahm und ein weit über die die Stadtgrenzen hinaus verbreiteten guten Ruf in Thüringen genoss. Seine berühmten Abendmotetten sind über die Kantorengenerationen hinweg bis in unsere Gegenwart fester Bestandteil des kirchlichen Musiklebens Saalfelds. Peter Lange berichtete vom Naturforscher, Weltreisenden und Universalgelehrten Alexander von Humboldt, in Gedenken seines 250. Geburtstages im vergangen Jahr. Kaum einer weiß, dass er auch in unserer Region Spuren hinterlassen hat, deshalb möchte der Autor das Wirken von Alexander von Humboldt, welches das gesamte südliche Kreisgebiet umfasst, hier genauer darstellen. Im vergangenen Jahr hatten die Vertreter dreier Geoparks anlässlich des Geburtstages die Geotour Alexander von Humboldt am Falkenstein eröffnet.
Dr. Dirk Henning lud zu einer Audienz beim Saalfelder Herzog. Ein im August 2019 erworbenes Gemälde zeigt eine Innenansicht des Saalfelder Residenzschlosses, vor dessen Umgestaltung zum Landratsamt. Der Künstler, Albert Wilhelm Gustav Dürkop, fertigte insgesamt vier Aquarelle zum herzoglichen Schloß in Saalfeld an, aber nach derzeitigem Kenntnisstand ist nur das jetzt im Besitz des Stadtmuseums befindliche Gemälde i als Original erhalten.
Zudem stellte Dr. Andreas Weigel die Giftpflanze des Jahres, den Aaronstab, vor und der Kreisbeauftragte der Pilzsachverständigen, Bernd Rudolph, den Pilz des Jahres 2019, den Grünen Knollenblätterpilz.
Im Heft 3/4 2020, klärte Prof. Dr. Dietmar Peil über die Ursprünge der Emblematik im Saalfelder Residenzschloß auf. Zunächst wird die ursprüngliche Bedeutung des Emblems als literarisch-bildkünstlerischer Mischform herausgestellt. Dann geht es um die Embleme die sich im Saalfelder Residenzschloß finden und welche maßgeblich vom Werk des spanischen Diplomaten und Schriftsteller Diego de Saavedra Fajardo, dem Fürstenspiegel beeinflusst wurden.
Dr. Peter Lange beschäftigt sich in seinem zweiten Beitrag im Jahr 2020 mit den Anfängen des Konsum-Vereins in Uhlstädt, gegründet 1873. Lothar und Helmut Liebmann berichten vom Schicksal Hans Simon Wagners, einem Glashändler aus Gösselsdorf der im Dezember 1717 in einer Gastwirtschaft in Arrest genommen und auf die Heidecksburg gebracht wurde. Volker Taubert widmet sich in einem drei Hefte umspannenden Beitrag der Entwicklung der VEB Antennenwerke Bad Blankenburg von ihrer Gründung nach Ende des Zweiten Weltkriegs bis zur Privatisierung und Aufteilung in mehrere kleinere Unternehmen 1993. Albrecht Loth aus Gotha widmet sich in seinem Beitrag des Lithografen Ernst Reeg (1883-1972), der, aus Aue am Berg stammend, heute in der Region vollkommen in Vergessenheit geraten war. Eine Tatsache, der mithilfe des Beitrag Abhilfe geschaffen wurde.
Im Heft 5/6 2020 blickt Frank Esche in einem ersten Teil auf die Rolle des Landtags des Freistaates Schwarzburg-Rudolstadt und Gebietsvertretung Rudolstadt in der Zeit der Gründung des Landes Thüringen. Daran schließt sich ein kurzer Abriss zur Geschichte des Leutenberger Heimatmuseums. 1760 als Fronfeste erbaut, diente es zwischen 1830 und 1985 der Schuhmacherfamilie Müller als Wohn- und Arbeitsstätte. Danach wurde zunächst das obere Stockwerk zur Heimatstube umgebaut, 1995 wurde die original erhaltene Schusterstube in die Ausstellung einbezogen.
Ein weitgehend unbekanntes Kapitel Saalfelder Sportgeschichte behandelten Dr. Klaus Herrmann aus Berlin und Reinhard Blechschmidt aus Stolberg. Während der 50er und 60er Jahre galt Saalfeld als eine Volleyballhochburg der DDR. Dank des Engagements von Karl Schaarschmidt, Sportlehrer an der Saalfelder Otto-Ludwig-Oberschule Saalfeld (OLO), heute Heinrich-Böll-Gymnasium, entstand in der Anfangszeit des Volleyballs in Deutschland vor Ort eine 10 Jahre andauernde Erfolgsgeschichte. Viola Scheler-Eckstein widmete sich in ihrem Beitrag dem 650.ten Jubiläum der Ersterwähnung Meuras und entwarf eine kleine Chronologie der Dorfgeschichte.
Im Heft 7/8 2020 informiert - nach dem zweiten Teil des Beitrags von Frank Esche zur Geschichte des Landtages des Freistaates Schwarzburg-Rudolstadt - Kreisheimatpfleger Ralf Thun über das Vorhaben des Landkreises, ein Museumskonzept für alle in Landkreis vorhandenen Museen, Heimatstuben und ähnliche kulturgeschichtliche Einrichtungen. Darauf folgt ein Beitrag von Dieter Krause und Dr. Wolfgang Künzel zum Gedenken an den aus Bad Blankenburg stammenden marxistischen Philosophen Prof. Dr. phil. Georg Biedermann, der am 26. August 2020 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Biedermann war Steinmetz, Sportfunktionär- Philosophiehistoriker und Heimatforscher – ein mit vielfältigen Interessen und Neigungen ausgestatteter Mensch, der auch als Autor der Rudolstädter Heimathefte auftrat. Karlheinz Schönheid entwirft einen chronologischen Abriss über die Ereignisse in der Oberherrschaft der Grafschaft Schwarzburg-Rudolstadt während des dreißigjährigen Krieges. Hierzu erläutert er zunächst die Ausgangslage und die verschiedenen Beteiligten Machtblöcke und ihre Verbündeten. Durch die zentrale Lage Thüringens wurde es für mehrere Kriegsparteien Aufmarschgebiet und zählte dadurch zu den am meist geschädigten deutschen Landstrichen. An den ersten Teil dieses Beitrags schließt sich ein Artikel von Frank Wagner an, der über die Errichtung eines Galgens auf dem Königseer Marktplatz im Jahr 1702 berichtet. Es wurden ein „Strafesel“ zur Ahndung von Delikten und Dienstvergehen im Militär sowie ein Schnellgalgen zur Bestrafung von Deserteuren auf dem Marktplatz aufgestellt.
Im Heft 9/10 2020 erläutert Dr. Peter Lange , gerade aufgrund seiner persönlichen Erinnerungen besonders spannend, die ersten 10 Jahre der Thüringer Sängerknaben. Anschließend widmete er sich noch den Kulturveranstaltungen des Jahres 1874 in Orlamünde und den früher zu Sachsen-Altenburg gehörenden Orten unseres heutigen Landkreises. Dr. Roland Pangert beschreibt den Prozess der Rekonstruktion des 1873 abgerissene Stadttores „Storch“ in der Rudolstädter Fußgängerzone. Mithilfe von Bildern aus der Zeit des Abrisses sowie Bau- und Abrisszeichnungen, einer Häuserchronik und dem ältesten Stadtplan Rudolstadts von 1748 wurde ein Bronzemodell entworfen und am 24. Juni 2019 am Standtort des ehemaligen Tores aufgestellt.
Im Anschluss folgt der zweite Teil von Karl Schönheids Artikel über den chronologischen Abriss der Geschehnisse in der Grafschaft schwarzburg-Rudolstadt während Dreißigjährigen Krieges.
Elvira Grudzielski berichtet im Anschluss über die Liebmanns, eine Großfamilie die seit mehr als 350 in Oberweißbach ansässig ist und der Hammerschmiede, Laboranten. Olitätenhändler und Kaufleute entstammen. Darauf folgend zeichnet Dipl.-Lehr. Bernd Wiefel den Bier- und Gewerbestreit zwischen Saalfeld und einigen umliegenden Dörfern im 15./16. Jahrhundert nach.
Das letzte Heft des 66. Jahrgangs 11/12 2020 der Rudolstädter Heimathefte beschäftigt sich mit dem Emblem Buch „Symbola Christiana“, welches als Vorlage für die über 80 Embleme in der Schloßkapelle diente. 1677 von Karl II., Kurfürst von der Pfalz, verfasst enthält das Werk 100 runde, in Kupfer gestochene Bilder die mit einem lateinischen Motto eingefasst und auf der folgenden Seite von einem Prosatext begleitet werden. Des Weiteren beschäftigt sich Jürgen Weyer mit der Geschichte der Wüstung Benndorf, Herbert Breitrück stellt die Blume des Jahres 2020, den Fieberklee, vor. Jeanette Lauterbach und Lars Krauße, beide Mitarbeiter des Thüringer Landesmuseum Heidecksburg, befassen sich mit dem Rudolstädter Porträt- und Historienmaler Erich Brunkal. Im Jahr 2019 gab es anlässlich umfangreicher Bestandszuwächse von Werken des Künstlers eine Sonderausstellung.
Juliane Haupt
Presse- und Kulturamt