Saalfeld. Vom 1. Mai an werden in Deutschland Passfotos nur noch in digitaler Form akzeptiert. Damit die Bilder von professionellen Fotostudios sicher bei den Behörden ankommen, hat die Firma VST aus Saalfeld eine technisch komplexe, aber einfach zu bedienende Lösung entwickelt. Am Dienstag, 29. April, besuchte Landrat Marko Wolfram gemeinsam mit der 1. Beigeordneten der Stadt Saalfeld, Bettina Fiedler, das Familienunternehmen in zweiter Generation, um sich über die jüngste Entwicklung zu informieren.
Einen Überblick über die Firmengeschichte seit der Gründung 1991 als Vertriebsgesellschaft für Video-System und Kommunikationstechnik gaben Geschäftsführer Thorsten Weiss und seine Frau, Marketingmanagerin Stephanie Weiss, die gemeinsam mit Jan Röder die Geschäftsführung in zweiter Generation übernommen haben. Was mit dem mutigen Schritt in die Selbstständigkeit von anfangs vier ehemaligen Carl-Zeiss-Mitarbeitern in einer kleinen Baracke begann, ist heute ein modernes, junges Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten. Aus der Video-Überwachung von Tankstellen hat sich ein hoch spezialisiertes Unternehmen entwickelt, das einerseits komplexe Projekte für Audio- und Videoanforderungen bearbeitet, und andererseits eigene Hardware herstellt.
Eines der Standbeine ist die Ausstattung von Fotostudios mit Komplettsystemen, von der Kamera über Beleuchtung bis zur Bearbeitungssoftware. Mehr als 1.400 der rund 3.000 Fotostudios in Deutschland verwenden Technik aus Saalfeld. Vielen drohte der Verlust ihres Geschäfts durch die E-Passbild-Neuerung. Denn die Bundesdruckerei hat eine Automatenlösung entwickelt, die digitale Passbilder direkt im Einwohnermeldeamt erstellt. Doch viele Städte und Gemeinden entschieden sich dagegen. So auch Saalfeld. „Wir haben zwei Fotostudios direkt am Markt neben dem Rathaus, die sind wichtig für eine lebendige Innenstadt“, berichtet die stellvertretende Bürgermeisterin Bettina Fiedler.
Also musste eine technische Lösung her. Über den Fachverband Ringfoto wurde eine Cloud entwickelt, in die Fotostudios ihre Bilder einspeisen und mit Software aus Saalfeld rechts- und fälschungssicher übertragen können. Kürzlich stellte VST das System der geschäftsführenden Innenministerin Nancy Faeser vor. Während die Automatenlösung des Bundes bei ihr dreimal versagte, funktionierte das System von VST reibungslos. „Die Automaten sind störanfällig bei Kindern, älteren Menschen, aber auch Brillenträgern“, erklärt Stephanie Weiss. Im Fotostudio werde dagegen nicht nur auf die erforderlichen biometrischen Daten geachtet, sondern auch, ob die Haare richtig liegen und alles stimmig ist. „Das Passbild begleitet die Menschen ja viele Jahre, da müssen sie sich mit wohlfühlen“, ist die Marketing-Chefin überzeugt.
Zwei Tage vor dem Inkrafttreten der neuen Passbild-Regel, herrschte bei VST extremer Hochbetrieb. Kurzfristig gingen noch Bestellungen für die neue E-Passbild Software ein, mehr als 800 Studios wurden bereits in den letzten 4 Tagen bei der Freischaltung und Inbetriebnahme der Software begleitet.
Das andere große Geschäftsfeld ist die Projektentwicklung, die von Jan Röder als Geschäftsführer verantwortet wird. VST setzt hier maßgeschneiderte Lösungen um, wenn es um anspruchsvolle Ton- und Bilddarstellung geht. Die Referenzen sind beeindruckend: der Löwensaal in Rudolstadt, die Saalfelder Stadttore und das Franziskanerkloster wurden von VST ausgestattet. Dazu zahlreiche Hörsäle von Hochschulen und mittlerweile rund 140 Gerichtssäle in Thüringen. Einen großen Schub gab es durch die Corona-Pandemie. Plötzlich mussten Veranstaltungen digital stattfinden. Vorlesungen wurden gefilmt und live auf die Tablets der Studierenden übertragen. Dabei hat das Team von VST hohe Ansprüche. Die Ausstattung in den Räumen soll möglichst unsichtbar sein. „Und die komplexe Technik muss einfach zu bedienen sein“, sagt Stephanie Weiss.
„Es ist nicht damit getan, digitale Lösungen einzuführen, die Abläufe dahinter müssen folgen“, ist Thorsten Weiss überzeugt. Im modernen Besprechungsraum der Firma können sich Besucher anschauen, was gemeint ist. Die große LED-Wand, ein smarter Bildschirm, Kamera und Tontechnik werden von einem einfachen Tablet gesteuert. Eine Technik, die auch die Digitalisierung in Schulen für die Lehrerinnen und Lehrer erleichtern könnte, so Landrat Marko Wolfram. Für seine innovativen Lösungen wurde VST im vergangenen Jahr mit dem Preis des Branchenverbandes Audio-Video „The AVard“ als Unternehmen des Jahres ausgezeichnet und setzte sich gegen bekannte Branchenriesen aus Asien durch.
Seit einigen Jahren unterhält VST neben dem Stammsitz im Gewerbegebiet „Mittlerer Watzenbach“ eine Dependance in Leipzig. „Wenn wir wachsen wollen, müssen wir uns auch regional erweitern“, so die Marketing-Leiterin. Gleichzeitig ist der Familienbetrieb in der Heimat gut vernetzt. Teile für die Hardware kommen von anderen Saalfelder Unternehmen. Gehäuse für spezielle Kameras und Stative werden gleich nebenan bei Drehtechnik Jakusch produziert, Blechteile für die Gehäuse stammen von MKS Kröckel und die Holzpulte der Fotostudiosysteme werden vom Apothekenbau Heinze in Mellenbach-Glasbach gefertigt. Besonderer Wert wird auf die Bindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelegt. Weihnachtsfeier, Sommerfest oder Oktoberfest sind feste Bestandteile im Jahr. Dabei spielt dann auch die VST-Band mit u.a. Jan Röder am Schlagzeug. „Es ist immer wieder beeindruckend, was für tolle Unternehmen wir in unserem Landkreis haben. Darauf können wir stolz sein und sind dankbar“, sagte Landrat Marko Wolfram zum Abschluss des Besuches.
Peter Lahann
Presse- und Kulturamt