Bechstedt. Während Bürgermeister Jürgen Patschull die Gäste zur kleinen Gedenkveranstaltung in Bechstedt begrüßte, verlegten zwei Handwerker am Donnerstagnachmittag noch die letzten der zwölf „Stolpersteine“ mit den Namen der polnischen Buchenwald-Häftlinge, die am 19. Dezember 1941 in Bechstedt erhängt wurden. Am letzten Tag seiner 28-jährigen Amtszeit konnte Patschull mit den Stolpersteinen die Wiederherrichtung der Gedenkstätte symbolisch abschließen.
Rund 20 Gäste, darunter Königsees Bürgermeister Marco Waschkowski und mehrere Vertreter der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN), waren zu der Veranstaltung gekommen. Sie war ursprünglich für den 80. Jahrestag der Ermordung geplant, musste aber aufgrund der Corona-Pandemie mehrfach verschoben werden. Dr. Harry Stein, bis vor kurzem Kustos in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, zeichnete in seiner Rede die Ereignisse nach, die zu dem „Lynchmord der Nazis“ geführt hatten. Ein polnischer Landarbeiter - spätestens seit den „Polenerlassen“ der Nationalsozialisten ein Zwangsarbeiter - hatte den Bauer Willy Böttner in der Nacht vom 23. auf den 24. November 1941 mit einem Messer angegriffen und tödlich verletzt. Erst später stellte sich heraus, dass Władysław Karas an einer Hirnhautentzündung litt, die zu Kopfschmerzen und gravierenden Bewusstseinsveränderungen führt. Auf der Flucht verletzte er sich schwer am Kopf, wurde von der Polizei ergriffen und nach Königsee gebracht. Dort stellte man offensichtlich seine Erkrankung fest und verlegte ihn in die Isolierabteilung des Landeskrankenhauses Stadtroda. Dort starb Władysław Karas am 10. Januar 1942. Willy Böttner erlag am 4. Dezember 1941 seinen Verletzungen.
Zur Abschreckung und Einschüchterung wurde von NSDAP-Vertretern die Entscheidung getroffen, zwölf polnische Häftlinge aus Buchenwald in Bechstedt hinzurichten. Elf Polen wurden dann am 19. Dezember auf dem Hügel am Ortsrand erhängt, ein 17-jähriger Pole war bereits auf der Fahrt zur Hinrichtung gestorben. Im Mai 1965 wurde der Gedenkstein in Erinnerung an die Morde aufgestellt, zwei Jahre später folgten die Namenstafeln mit den Namen der Opfer.
In den vergangenen zwei Jahren wurde die Gedenkstätte unter anderem durch Thomas Müller und Jürgen Powollick von der VVN überarbeitet. Sträucher wurden zurückgeschnitten und neue gepflanzt, die Gemeinde ließ die marode Treppenanlage überarbeiten. Da die alten Namenstafeln nicht die polnische Schreibung der Opfernamen darstellt, wurde die Idee der Stolpersteine geboren. Sie wurden vom Krefelder Künstler Gunter Demnig gefertigt. Jürgen Powollick vom VVN dankte am Donnerstag Bürgermeister Patschull und Landrat Marko Wolfram für das Engagement im Zuge der Neugestaltung.
Der Plan für die Sanierung war bei einem gemeinsamen Termin in Bechstedt im November 2020 mit Landrat Wolfram und der unteren Denkmalschutzbehörde im Landratsamt, der Gemeinde, Dr. Stein und dem VVN abgestimmt worden. Die Gemeinde hatte Fördermittel von der Staatskanzlei und dem Landesamt für Denkmalpflege für die Überarbeitung beantragt.
Peter Lahann
Presse- und Kulturamt