Saalfeld. Fünf Jahre nach der Erstauflage liegt jetzt eine neue Bevölkerungsbefragung für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt vor. Am Donnerstag, 22. Februar 2024, wurden im Saalfelder Schloss die Ergebnisse im Beisein von Landrat Marko Wolfram vorgestellt. Knapp 8000 Fragebögen wurden an zufällig ausgewählte Personen im Alter von 18 und 65 zwischen Oktober und November 2023 verschickt, in 1352 Fällen wurden die Fragebögen online beantwortet. Fast 96 Prozent der Befragten konnten der Aussage voll oder teilweise zustimmen, dass sie gerne im Landkreis leben.
Die detaillierten Daten bilden die Grundlage für die Entwicklung einer Sozialstrategie 2025 des Landkreises. „Dass die allermeisten Bürgerinnen und Bürger gerne hier leben, zeigt, dass unser Landkreis sehr attraktiv ist. Das ist Ansporn für uns als Verwaltung aber auch für die gesamte Gesellschaft, das Vorhandene zu erhalten und wenn möglich noch zu verbessern“, sagte Landrat Marko Wolfram.
Die Vorstellung von Methodik, Durchführung und Ergebnissen der zweiten Bevölkerungsbefragung nach der Premiere 2018 übernahmen Vertreterinnen und Vertreter der Fachämter aus den Bereichen Jugend, Soziales und Gesundheit und die Mitarbeiter Lisa Ehle und Christoph Weber vom Organisationsberatungsinstitut Thüringen – ORBIT e.V., das die Befragung durchgeführt hatte. Betreut wurde das Projekt von Martin Spitzer und Birgit Wersch aus der Stabsstelle Planung und Controlling im Fachbereich Jugend, Soziales und Gesundheit.
„Mit Hilfe der umfangreichen Datengrundlage werden wir die Ziele für die Sozialstrategie festlegen“, fasste Fachbereichsleiter Rolf-Henryk Thalmann den Sinn der Studie zusammen. Die Sozialstrategie soll bis Mitte 2025 im Kreistag beschlossen werden
Die Fragen wurden in vier Themenblöcke gegliedert: Wohnumfeld, Vereinbarkeit von Familie/Beruf/Pflege sowie Mobilität, Beratung/Unterstützung/Information und Zugehörigkeit/Teilhabe.
Wohnumfeld
Zum Thema Wohnumfeld gaben jeweils rund drei Viertel der Befragten an, sich sicher in ihrer Wohngegend zu fühlen, gern im Landkreis zu leben und zufrieden mit ihrem Wohnumfeld sind.
Diese Zahlen ähneln denen im Jahr 2018. Hierbei fühlen sich Bürger in ländlichen Gegenden sicherer und Personen mit Wohneigentum sind zufriedener. Ausbaufähig sind dabei besonders die Betreuungsplätze für Pflegebedürftige. Gründe im Landkreis zu bleiben sind ähnlich wie 2018 die schöne Natur, Freunde und Familie. Personen mit einem geringeren Einkommen sind weniger positiv eingestellt im Hinblick auf die Einschätzung des Wohnumfelds.
Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege sowie Mobilität
Bei der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege gaben knapp 40 Prozent an, dass dies mit einer pflegebedürftigen Person kaum möglich ist. Um dies zu verbessern, wurden folgende Vorschläge geäußert: jeweils rund zwei Drittel der Befragten wünschen sich mehr Angebote zur Unterstützung von Erwerbstätigen mit zu pflegenden Angehörigen sowie längere Öffnungszeiten in Kindergärten. Mehr als die Hälfte bräuchte mehr Ganztagsbetreuungsangebote für Kinder, Senioren und Menschen mit Behinderungen. Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege stellt für knapp die Hälfte der Befragten eine Herausforderung dar.
Beim Thema Mobilität ist das Auto mit 83 Prozent die am meisten genutzte Fortbewegungsmöglichkeit. Die Zahl der Busfahrenden ist von 10 Prozent auf 5 Prozent deutlich gesunken und auch der Zug wird verhältnismäßig wenig genutzt im Landkreis. Hier konnten die Bürger ebenfalls Gründe angeben: Bus und Bahn fahren laut Umfrage zu selten, es bestehen schlechte Anbindungen vor allem im ländlichen Raum, zu wenig Flexibilität der Angebote und auch die Kosten sind negative Faktoren.
Beratung, Unterstützung und Information
Im dritten Themenblock Beratung, Unterstützung und Information gaben 55 Prozent der Befragten an, das Internet und Handy als wichtigste Informationsquelle zu nutzen, gefolgt von Bekannten und Freunden. Bei der Befragung 2018 standen noch Druckwerke an erster Stelle mit 68 Prozent. Inzwischen beziehen nur noch nur 30 Prozent der Befragten ihre Informationen aus Druckerzeugnissen.
Besonders bekannt sind den Bürgern das Gesundheits- und Jugendamt. Andere Einrichtungen wie Begegnungsstätten, Freizeittreffs, Beratungsangebote zu den Themen Familie, Pflege, Sucht, Selbsthilfe, Migration sind im Vergleich weniger bekannt. Durch vermehrte Öffentlichkeitsarbeit sollen diese Gebiete besser repräsentiert werden, am besten schon bevor überhaupt Probleme auftreten. Das heißt nicht nur für Betroffene sollen solche Angebote bekannt sein, sondern auch für alle anderen Bürger, so sind sich die einzelnen Vertreter der Fachbereiche einig.
Zugehörigkeit und Teilhabe
Im letzten Themenbereich Zugehörigkeit und Teilhabe stellte sich heraus, dass sich 34,7 Prozent der befragten Personen vollständig zugehörig am gesellschaftlichen Leben im Landkreis fühlen. Bei Menschen, die selbst von einer leichten bis schweren Beeinträchtigung betroffen sind, stimmt ein Drittel der Aussage zu, dass Menschen mit Behinderungen zu einem großen Teil am Leben im Landkreis teilhaben können. Außerdem zeigte die Befragung, dass sich marginalisierte Gruppen seltener zugehörig zum Landkreis fühlen.
Während sich 62 Prozent der Menschen im öffentlichen Raum sicher fühlen, glauben nur 28 Prozent, dass allen Menschen im Landkreis ausreichend Respekt entgegengebracht wird. Untersucht wurden zudem Fragestellungen unter dem Aspekt, wie Menschen mit und ohne Migrationshintergrund antworten. Hier ist das Ergebnis, dass Menschen mit Migrationshintergrund diese eher positiv beantworten. „Ein Zeichen dafür, dass das Konzept der Willkommenskultur im Landkreis besser als manchmal befürchtet funktioniert“, so das Fazit.
Hintergrund:
Die Durchführung wurde durch den Freistaat Thüringen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus gefördert.
Die Befragungen fanden im Zeitraum vom 19. Oktober bis 13. November 2023 unter dem Motto „Miteinander Zukunft gestalten“ statt. Hierbei wurden 7918 Fragebögen versendet an zufällig ausgewählte Bürger des Landkreises zwischen 18 und 65 Jahren, welche diese dann online beantworten konnten. Außerdem wurde darauf geachtet, dass nur ein Fragebogen pro Haushalt verschickt wurde. Mit 1352 ausgefüllten Bögen kamen 17,1 Prozent, was hierfür eine gute Quote ist, zurück und konnten ausgewertet werden.
Bereits im Jahr 2018 wurde solch eine Bürgerbefragung durchgeführt, bei der 10000 Fragebögen versendet und davon 2065 Exemplare zurückgeschickt wurden.
Celine Bocklitz
Auszubildende im Presse- und Kulturamt