Saalfeld. Stand im Jahr 2015 und zu Beginn des Jahres 2016 aufgrund der hohen Anzahl neuangekommener Asylbewerber die Unterbringung im Mittelpunkt der Arbeit des Landratsamtes, stellt sich jetzt die Daueraufgabe Integration. Obwohl Sprachkurse inzwischen relativ gut verfügbar sind, erweist sich die Integration in den Arbeitsmarkt als schwierig. Bei der Unterbringung verschiebt sich der Focus von Gemeinschaftsunterkünften auf den normalen Wohnungsmarkt.
815 geflüchtete Personen mit einem Aufenthaltstitel lebten mit Stand vom 1. August 2017 im Landkreis. 53 Personen haben einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Von den 762 Personen mit einem befristeten Aufenthaltstitel sind 571 anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte. 79 Personen haben eine befristete Aufenthaltserlaubnis, weil bei ihnen Abschiebungsverbote vorliegen. 51 Personen sind abgelehnte Asylbewerber, die durch die Thüringer Härtefallkommission als Härtefall anerkannt sind. Zu den 571 Personen gehören 16 Frauen und 34 Kinder, die im Familiennachzug nach Deutschland gekommen sind.
Beim Jobcenter waren mit Stand Juli 505 Personen mit Fluchthintergrund als Kunden gemeldet. 98 stammen aus Afghanistan, 62 aus Eritrea, 64 aus dem Irak, 4 aus dem Iran, 22 aus Somalia und 255 aus Syrien. Die Integration in den Arbeitsmarkt gestaltet sich schwierig. Wenn mündliche Grundkenntnisse der deutschen Sprache vorliegen, bestehen Chancen im Helferbereich. Nach Angaben des Jobcenters sind die Arbeitgeber aufgeschlossen. Schlechter sieht es bei Facharbeiterberufen aus, da hier die Fachkenntnisse fehlen. Neben fehlenden Sprach- und Fachkenntnissen erschwert die eingeschränkte Mobilität die Aufnahme von Beschäftigungsverhältnissen. 2016 wurden 25 Personen in den Arbeitsmarkt integriert, 2017 bis zum Juli 26 Personen. Bei einer Person gelang die Vermittlung in eine Ausbildung.
Sprachkurse für Flüchtlinge, Asylbewerber und Menschen nichtdeutscher Herkunftssprache werden durch fünf Integrationskursträger angeboten, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zugelassen sind. Zwischen Mai und Juli begannen mehr als 100 Personen einen Intergrationskurs mit 600 Stunden Sprachunterricht. Bei Spezialmodulen wie Alphabetisierungskursen, oder Zweitschriftenlernkursen sind es 900 Unterrichtseinheiten. Die Kreisvolkshochschule beteiligt sich zudem an dem Programm „Start Deutsch“, das sich an Personen richtet, die keinen Zugang zu den verpflichtenden Integrationskursen haben. Weitere Deutschkurse werden durch Ehrenamtliche angeboten.
Als problematisch erweisen sich lange Wartezeiten zwischen zwei Kursen. Bis zu vier Wochen warten Teilnehmer eines Integrationskurses auf ihr Zeugnis, das vom BAMF ausgestellt wird. Erst danach kann die Anmeldung zu einem Folgekurs oder der Wiederholung eines Kurses erfolgen. Da die Kurse erst bei ausreichender Teilnehmerzahl beginnen, kann es so zu mehrmonatigen Wartezeiten kommen.
Der Zugang zu den Integrationskursen richtet sich unter anderem nach der Herkunft der Flüchtlinge. Asylbewerber mit sogenannter guter Bleibeperspektive (definiert durch das BAMF als Personen aus Eritrea, Iran, Irak, Somalia und Syrien) können bereits während des laufenden Asylverfahrens einen Integrationskurs besuchen – allerdings nachrangig zu verpflichteten Personen. Für Asylbewerber aus anderen Ländern steht lediglich das Angebot „Start Deutsch“ zur Verfügung, hier fehlten bisher ausreichend Plätze. Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern ist die Teilnahme an nahezu allen Integrationsmaßnahmen verwehrt.
Bei der Wohnungssuche hat sich der Focus von der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften mit der zunehmenden Anzahl von Aufenthaltstitel auf den freien Wohnungsmarkt verschoben. In den Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen, die das Landratsamt für Asylbewerber angemietet hat, leben insgesamt 610 Personen, davon haben 220 einen Aufenthaltstitel. Wo es möglich ist, werden für letztere die Mietverhältnisse in private Mietverträge umgewandelt. Für Bewohner mit Aufenthaltstitel ist das Jobcenter zuständig, das im Rahmen der Richtlinie zur Kosten der Unterkunft ein pauschales Nutzungsentgelt je nach Familienstand zahlt. Darin enthalten sich Betriebskosten sowie weitere Nebenkosten.
Dem Landratsamt sind derzeit mehr als 200 Personen bekannt, die sich mit der Bitte um Unterstützung an den Wohnungskoordinator gewandt haben. Darunter sind sowohl Familien als auch Einzelpersonen. Die Wohnungssuche für diesen Kreis dauert aus unterschiedlichen Gründen zwischen drei und zehn Monaten. Ursachen sind befristete Aufenthaltstitel, fehlende Wohnungen für Einzelpersonen und Großfamilien, Warten auf Familiennachzug aber auch unrealistische Vorstellungen der Suchenden.
Insgesamt zeigt sich, dass mit der Erteilung von Aufenthaltstitel Folgeprobleme entstehen. Diese reichen von Schwierigkeiten bei der Antragstellung bei Behörden und andere Formalitäten über schulische Problemlagen bis zu sozialen Problemen. Für die Beratung ist die Beratungsstelle der AWO Sonneberg zuständig. Diese hat am Standort Saalfeld lediglich 16 Stunden pro Woche bei Erwachsenen und 24 Stunden pro Woche im Jugendmigrationsdienst zur Verfügung. Sie kann nur beraten, eine Betreuung oder Begleitung zu Ämtern oder ähnliches scheiden aufgrund der vielen Anfragen aus. Eine Aufstockung der Beratungsfachkräfte ist bei den zuständigen Bundesbehörden (BAMF und Familienministerium) angezeigt.
Für Personen mit Aufenthaltstiteln, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, erfolgt eine Beratung durch Sozialarbeiter. Der Personalschlüssel liegt bei 1 zu 100, so dass einen intensive Begleitung und Betreuung nicht gewährleistet werden kann.
Besonders kompliziert sind die Problemlagen in Verbindung mit Traumatisierungen, Gewaltpotenzial, Umgang mit befristeten Aufenthaltstiteln, Perspektivlosigkeit, Angst vor Abschiebung, die neben Beratung und Vermittlung Einzelbetreuungen dringend erforderlich machen. Diese Problemlagen sind durch die Mitarbeiter des Sachgebietes Asyl, die Beratungsstelle und Ehrenamt nicht zu bewältigen und bedürfen der Betreuung von Spezialisten.
Peter Lahann
Presse- und Kulturamt