Saalfeld. Nicht nur beim diesjährigen Denkmaltag unter dem Motto „Macht und Pracht“ stehen Gebäude wie das ehemalige Saalfelder Residenzschloss im Mittelpunkt. Auch die Forschung richtet gerade einen Fokus auf das Saalfelder Schloss.
Denn das Forschungsprojekt „Corpus der barocken Wand- und Deckenmalerei in Deutschland“ (CbDD) erfasst derzeit repräsentative Bauten und ihre barocke Ausstattung auf dem Gebiet der gesamten Bundesrepublik. Dazu war der Wissenschaftler Dr. Heiko Laß nach Saalfeld und Rudolstadt gekommen, um eine erste fotografische Bestandsaufnahme zu machen. Innerhalb des Projektes gehört die Erfassung der Thüringer Bauten zu seinem Auftrag. Das Forschungsvorhaben wird von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) betreut wird und ist an zwei Arbeitsstellen angesiedelt: Beim Institut für Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München sowie beim Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg.
Fotokampagnen in Thüringen
Im Rahmen seiner Tour steuerte Dr. Laß in Rudolstadt die Heidecksburg und die Ludwigsburg an, in Saalfeld das Franziskanerkloster und das Saalfelder Schloss. Akribisch fotografierte er dort einen Vormittag lang jedes vorhandene Wand- und Deckengemälde. In einem ersten Schritt werden diese Bilder anschließend beschrieben, um sie im zweiten Schritt professionell fotografisch zu erfassen. „Das übernehmen Architekturfotografen des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg“, so Heiko Laß. „Am Ende wird alles katalogisiert sein und in einem Webportal erfasst, so dass es jederzeit für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird.“
Für Dr. Laß war die Fotodokumentation im Saalfelder Schloss eine Art Heimspiel, kennt er doch auch dieses Gebäude schon seit Beginn der 1990er Jahre. Besonders hatte es ihm die Schlosskapelle in Saalfeld angetan. „Sinngemäß wäre sie der Ausgangspunkt eines Aufstiegs zu internationaler Bedeutung, das sieht man der Ausstattung auch an“, schätzt er ein. „Es gibt immer noch Neues zu entdecken und zu erfassen, ganz egal, wo wir in Deutschland sind“, ist seine Grunderfahrung. Und auch in Saalfeld bestätigte sich das wieder, als Martin Modes vom Presse- und Kulturamt ihm barocke Nischen in den Zimmern zeigen konnte, die dem Kunsthistoriker bislang noch unbekannt waren.
Heiko Laß und seine Verbindung nach Thüringen
Heiko Laß ist ein Experte für die Thüringer Schlösserlandschaft, die er seit seiner Studienzeit an der Universität Marburg Mitte der 1990er Jahre kennt. Seitdem hat ihn Thüringen nicht mehr losgelassen: Über das mittlere Schloss in Dornburg fertigte er seine Magisterarbeit. Tätig war er dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Projekt „Architektur, Hof und Staat – Der Schloß- und Residenzbau in Thüringen 1600–1800“. Dieses von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt war in Jena, Rudolstadt und Marburg angesiedelt. Folgerichtig schrieb er seine Dissertation über die Thüringer Schlösser. Der Titel lautet „Jagd- und Lustschlösser. Kunst und Kultur zweier landesherrlicher Bauaufgaben – Dargestellt an thüringischen Bauten des 17. und 18. Jahrhunderts“. Schließlich arbeitete er auch für die Stiftung Thüringer Schlösser und Garten auf der Heidecksburg. Diese veröffentlichte zuletzt 2016 seine Schrift „Fürsten und ihre Residenzen in Thüringen“ als Teil der Reihe „Große Kunstführer der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten“.
Heiko Laß - ein Experte für die ernestinischen Brüderschlösser
Das von Johann Ernst, dem jüngsten Sohn des Gothaer Herzogs Ernst dem Frommen errichtete Saalfelder Schloss gehört zu den sogenannten ernestinischen Brüderschlössern: Das sind die Schlösser, die von den Söhnen Ernst des Frommen als Residenzen gebaut, ausgebaut oder umgebaut wurden. Dr. Laß ist auch ein Experte für diese Thematik. Dem Vorschlag gegenüber, in Saalfeld einen Vortrag dazu zu halten, zeigte er sich sehr aufgeschlossen. „Für die Geschichtsinteressierten unserer Region ist es sicher spannend, das Saalfelder Schloss einmal im Vergleich zu den anderen Schlossbauten dieser Zeit zu sehen. Ich hoffe, dass es gelingt, im kommenden Jahr dazu einen Vortrag zu organisieren oder einen Beitrag für die Rudolstädter Heimathefte zu erhalten“, ist Martin Modes, der Koordinator der Rudolstädter Heimathefte, optimistisch.
Das Forschungsprojekt „Corpus der barocken Wand- und Deckenmalerei in Deutschland“ (CbDD)
Das Forschungsprojekt wird von der Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften gefördert und von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften betreut. Die Leitung hat Prof. Dr. Stephan Hoppe vom Institut für Kunstgeschichte der der Ludwig-Maximilians-Universität München, Koordinatorin ist Dr. Ute Engel. Das Forschungsprojekt hat 2015 begonnen. Für die digitale Publikation sollen sämtliche kunsthistorischen Decken- und Wandmalereien auf dem Gebiet der Bundesrepublik aus der Zeit von ca. 1550 bis 1800 erforscht werden, um sie in einer weltweit abrufbaren Datenbank anzulegen.
Insgesamt ist das Forschungsprojekt auf 25 Jahre angelegt und führt ein früheres Projekt fort, das von 1976 bis 2010 die barocke Deckenmalerei in Bayern in 15 Bild-Bänden publiziert. Dabei erfolgt die Erfassung nicht regional, sondern systematisch. Im ersten Schritt sind Schlösser und Adelssitze im Fokus, später kommen auch andere Gebäude wie Kirchen oder Rathäuser in den Blick. Die Homepage gibt EInblick in laufende Projekte und Aktivitäten: http://www.deckenmalerei.badw.de
Veranstaltungsservice über Twitter
Auf ein besonderes Angebot für Barockfans hat Dr. Laß bei seinem Besuch hingewiesen. „Wir haben eine Art Veranstaltungsservice. Darin versuchen wir, alle Veranstaltungen zu erfassen, die in Gebäuden mit barocker Ausstattung stattfinden. Besitzer oder Veranstalter können uns ihre Veranstaltungen melden, die wir dann auf Twitter verbreiten. Seine Emailadresse für solche Meldungen: heiko.lass@kunstgeschichte.uni-muenchen.de
https://twitter.com/Deckenmalerei
Das Saalfelder Schloss in Geschichte und Forschung
Trotz der Umbausünden in den 1920er Jahren ist das Saalfelder Schloss bis heute ein barockes Schmuckstück in der Thüringer Schlösserlandschaft. Der Kunsthistoriker Nils Fleck hatte „Das Ausstattungsprogramm der Saalfelder Schlosskapelle“ 2006 zum Thema seiner Magisterarbeit gemacht und es später als Ausgangspunkt einer Dissertation über Fürstliche Repräsentation im Sakralraum genommen, die 2014 erschienen ist und dabei die thüringisch-ernestinischen Residenzschlösser des 17. Und 18. Jahrhunderts in ihrer Gesamtheit betrachtet.
Jasmin Hollandmoritz
Auszubildende
Presse- und Kulturamt
Fotos: Jasmin Hollandmoritz