Saalfeld. „Glas reist nicht gerne.“ Glas sei von der Glaskrankheit bedroht, die zu einem Schwinden des Glases führe. Diese Aussage von Dr. Annette Cremer von der Justus-Liebig-Universität Gießen lieferte die Begründung, warum das große und großartige Ausstellungsprojekt des Museumsverbunds der Schwarzburger Museen – „Das Glas der Schwarzburger“ – in diesen Sommermonaten nicht in einer großen Wanderausstellung im Thüringer Landesmuseum Heidecksburg, im Schlossmuseum Arnstadt, im Schlossmuseum Sonderhausen und im Regionalmuseum im Schloss zu Bad Frankenhausen zu sehen ist. Stattdessen zeigen die vier Kooperationspartner einzelne Themenausstellungen. Als dritte der vier Ausstellungen wurde nun am 6. Mai im Thüringer Landesmuseum Heidecksburg das Rudolstädter Motto „Glas schützt“ eröffnet. Die musikalische Umrahmung besorgte die Kreismusikschule Rudolstadt als bewährter Partner – es spielten Manuela Peren, Gitarre und Oydin Alimova, Klavier sowie Pauline Schwabe, Violine
Noch bis zum 29. Mai ist im Regionalmuseum im Schloss zu Bad Frankenhausen „Glas wandert!“ zu sehen, bis zum 26. Juni ist im Schlossmuseum Sonderhausen noch zu erleben, wie „Glas verändert!“ Schließlich ist ab 13. Mai im Schlossmuseum Arnstadt als letzte der vier Ausstellungen zu erleben, wie „Glas erstaunt!“
„Am 23. Mai 2019 – vor fast drei Jahren – wurde ein Kooperationsvertrag zwischen vier Schwarzburger Museen und ihren jeweiligen Trägern im Schlossmuseum Arnstadt geschlossen“, erinnerte Museumsdirektorin Sabrina Lüderitz an die intensivierte Kooperation der vier Museen, die alle für die Residenzgeschichte der Schwarzburger und die Geschichte der jeweiligen Region stehen. Das Ziel dieser Kooperation, in den Bereichen Forschung und Ausstellung miteinander im Austausch stehen und Projekte gemeinsam angehen und das Vermächtnis der Schwarzburger Grafen und Fürsten deutlicher in den Fokus zu holen, wird auch mit der aktuellen Ausstellung verfolgt.
Fast 1 Million Euro flossen vom Bundesministerium für Forschung und Entwicklung in das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Glas in Thüringen“, das sich im Kern mit der Erforschung von historischen Glasobjekten zwischen 1600 und 1800 der Grafen und Fürsten von Schwarzburg beschäftigt. Umgesetzt wurde es Zusammenarbeit der Justus-Liebig-Universität Gießen und der TU Bergakademie Freiberg mit dem Schwarzburger Museumsverbund. Spannende Einblicke in die Erforschung lieferte Dr. Annette Cremer als Projektverantwortliche auf der Heidecksburg.
Höhepunkte waren die Vorführung der eigens gedrehten Filme, in denen die Wissenschaftler entschlüsseln, was es mit den Scherzgefäßen auf sich hat und wie diese funktionieren. So konnten sich auch dem Publikum die Rätsel der Scherzgefäße erschließen. Die höfische Gesellschaft des Barock habe jedenfalls mit den Scherzgefäßen großen Spaß gehabt, betonte Dr. Cremer. Die Scherzgefäße - wie eine Glaspistole oder eine Keule – stehen nun gut geschützt hinter Vitrinenglas. Zu erleben sind sie aber in den Experimentalfilmen, in denen die Forscher die Gefäße mit Wasser gefüllt hatten. Auch das in der Achse versetzte Scherzglas mit Hirschen, als Titelbild der Ausstellung gewählt, ist in seiner Funktionsweise im Film zu erleben.
Durch die auf vier Museen verteilten Ausstellungen ist die Ausstellungsfläche in Rudolstadt vergleichsweise klein und passt in die Räumlichkeiten des Graphischen Kabinetts. Größtes Ausstellungsobjekt ist eine Sänfte des Rudolstädter Fürstenpaares - natürlich mit verglasten Fenstern.
Weil das Glas nicht gerne reist, hoffen die Ausstellungsmacher stattdessen auf ein reisefreundliches Publikum, das sich alle vier Ausstellungen in den Schwarzburger Museen ansieht. Zumindest von Mitte bis Ende Mai können alle vier Ausstellungen gleichzeitig besichtigt werden. Die Ausstellungen in Rudolstadt (bis 3. Oktober) und Arnstadt (bis 20. November) sind danach noch länger zu sehen.
Nicht so reisefreudigen Glasfreunden bietet sich im digitalen Zeitalter eine Alternative: Die gesamten Ausstellungsbereiche sind auf einer eigens eingerichteten Internetseite zu erleben.
Am internationalen Museumstag, am Sonntag, 15. Mai, kann man die Ausstellung um 14 Uhr in einer Kuratorenführung mit Dr. Sabine Tiedtke von der Justus-Liebig-Universität Gießen erleben. Wegen der begrenzten Teilnehmer ist eine Anmeldung unter 03672/429022 erforderlich.
Hintergrund: Das Forschungsprojekt 2018 bis 2021
GLAS ist ein radikal interdisziplinäres Forschungsprojekt und beruht auf der Kooperation zwischen der Justus-Liebig-Universität Gießen und der TU Bergakademie Freiberg. Gleichberechtigter Kooperationspartner ist das Schloßmuseum Arnstadt in Thüringen. Im Zentrum des Projekts steht die Erforschung von historischen Glasobjekten, die zwischen 1600 und 1800 auf dem Gebiet der Grafen bzw. Fürsten von Schwarzburg in Thüringen hergestellt, gehandelt, gekauft und genutzt wurden. Glas führt einen produktiven Trialog zwischen Geisteswissenschaften, Museum und Naturwissenschaften.
In der aktuellen Projektphase findet die Ausstellung zu dem Thema 'Das Glas der Schwarzburger' statt. Die Ausstellung besteht aus vier Teilen, die an den vier Standorten und als digitale Ausstellung besucht werden kann.
Martin Modes
Presse- und Kulturamt
Forschungsprojekt und Ausstellung im Internet:
https://objekt-glas.de/de/projekt.html
https://das-glas-der-schwarzburger.de/
Zu finden ist dort in der virtuellen Ausstellung von 27. März - 20. November 2022 auch die in Rudolstadt ausgestellte Sänfte des Rudolstädter Fürstenpaares:
das-glas-der-schwarzburger.de/exhibitionboard/25
Die Sänfte aus Rudolstadt ist an den Außenseiten reich bemalt. In den unteren Seitenfeldern ist in Rocaille-Kartuschen ein vereintes Spiegelmonogramm des Fürstenpaares Friedrich Anton von Schwarzburg-Rudolstadt (1692-1744) und seiner zweiten Gemahlin Christina Sophia (1688-1750) zu sehen, mit der er seit 1729 verheiratet war.