Schmiedebach bei Lehesten/Gedenkstätte Laura. „Meine Arbeit wendet sich gegen das Vergessen, damit sich solche Dinge nicht wiederholen.“ So formulierte Peter Engelbrecht das Anliegen seine Forschungsarbeit zu Beginn seines Vortrages über die geheime Rüstungsforschung in Oberfranken Ende Oktober in der KZ-Gedenkstätte Laura in Schmiedebach bei Lehesten.
Engelbrecht, Autor und Redakteur beim Nordbayerischen Kurier in Bayreuth, beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts in der Region Oberfranken und im angrenzenden Thüringen. So war er schon kurz nach der Grenzöffnung erstmals in die Gedenkstätte Laura gekommen, die er auch in seinem neuen inzwischen achten Buch „Geheimwaffen für die Nazis. Kriegsforschung in Oberfranken“ aufgenommen hat – war doch bekanntlich auch das dortige Außenlager Teil der nationalsozialistischen Rüstungsforschung.
Bayreuth und die Fernsehwaffe
In dem Vortrag in der KZ-Gedenkstätte, der mit vielen Originalaufnahmen unterlegt war, wurde ein Aspekt besonders deutlich: die widerspruchslose Kooperation der oberfränkischen Wirtschaft mit den Nationalsozialisten. Markante Beispiele und berühmte Firmennamen begegneten dem Forscher dabei immer wieder – wie ein AEG-Betrieb bei Coburg oder Rosenthal in Selb und insbesondere der Standort Bayreuth. Dort wurde 1944 in einem kleinen Teil der „Neuen Baumwollen-Spinnerei“ in Bayreuth das „Institut für physikalische Forschung“ und ein KZ-Außenlager eingerichtet. Bei den 85 Häftlingen handelte es sich um gut ausgebildete Techniker und technische Zeichner. Hier sollte die so genannte „Fernsehwaffe“, ein auf Fernsehbildern basierendes Fernlenksystem, entstehen. Das Gebäude der Spinnerei und damit auch der Teil mit dem KZ-Außenlager wurde in den 1990er Jahren weitgehend abgerissen – an das ehemalige Außenlager erinnert nur noch ein Gedenkstein, der erst vor wenigen Jahren errichtet wurde. Viele der Forscher gelangten nach dem Krieg in die USA, wo ihr Wissen neue Verwendung fand. Als bekanntestes Beispiel dafür erinnerte Engelbrecht an Wernher von Braun.
Die Gedenkstätte Laura als besonderer Erinnerungsort in der Diskussion
In der anschließenden lebhaften Diskussion spielte die Gedenkstätte Laura die zentrale Rolle, bei der auch der Autor noch einige neue Informationen aufnehmen konnte. Dorit Gropp, die Vorsitzende des Fördervereins, weitere Vereinsmitglieder sowie Ortsansässige konnten Engelbrechts Ausführungen im Hinblick auf Zeitzeugenberichte ergänzen. Denn der Raketentestbetrieb hatte trotz aller Geheimhaltung die Aufmerksamkeit der Menschen im Umland auf sich gezogen. Wie das damals in der Bevölkerung wahrgenommen wurde, zeigten eindrucksvoll zwei Zuhörerbeiträge: Auf der Saalfelder Höhe war das beim Abblasen der Triebwerke entstehende Geräusch sehr deutlich zu hören – und dort wurde es als „Lehestner Rauschen“ bezeichnet. Und näher dran an Lehesten, in Steinsdorf bei Leutenberg, konnte man neben dem pfeifenden Geräusch auch Rauch aufsteigen sehen. Dieses unerklärliche Phänomen wurde dort als „Lehestner Teufel“ bezeichnet.
Die Bücher des Autors, die immer wieder den Bogen nach Thüringen spannen, sind im örtlichen Buchhandel erhältlich – und man kann ihn in dieser Woche in Saalfeld erleben: Am Freitag, 9 November, um 19 Uhr ist er Gast mit einem Vortrag zum Thema Mauerfall und Grenzgeheimnisse bei einer öffentlichen Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung in der Katholischen Pfarrgemeinde in Saalfeld. Thema dann: neue Erkenntnisse über Spionage und Agententätigkeit in Oberfranken – die von Saalfeld aus gesteuert wurde.
Mehr dazu unter https://shop.freiheit.org/#!/Veranstaltung/N38GB
Marcel Thoma
Gedenkstättenbetreuer
Fotos: LRA Martin Modes