Saalfeld. „Saalfeld ist seit über 100 Jahren als Industriestandort eine spannende Ecke“, sagt Ali Sahin. Der Münchner Diplom-Ingenieur und Betriebswirt kann das beurteilen. Nicht nur weil er sich intensiv mit der Geschichte der Region befasst hat. Er hat außerdem mehr als 20 Jahre weltweit in Führungspositionen der Elektronikbranche gearbeitet. Im November 2015 übernahm er als neuer Hauptgesellschafter beim Elektronik&Präzisionsbau Saalfeld, kurz EPSa, die Unternehmensnachfolge. Seitdem wird das Traditionsunternehmen mit vielfältigen Maßnahmen neu strukturiert. Im Herbst vergangenen Jahres lockte er mit Rainer Schliwa als Kaufmännischen Leiter einen weiteren erfahrenen Fachmann aus Erfurt in die Kreisstadt. Am Donnerstag stellten die beiden Geschäftsführer das Unternehmen Landrat Marko Wolfram vor.
„Seit etwa sechs Monaten läuft es richtig gut. Im ersten Quartal des Jahres haben wir ein Umsatzplus von 30 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2016“, freut sich Sahin. Die Zahlen zeigen, dass die neue Strategie – und Philosophie – bei der EPSa greifen.
1911 als Optische Anstalt Saalfeld gegründet, hat sich der Betrieb zu einem hochspezialisierten Elektronikunternehmen entwickelt. Bereits ab 1959 wurden am Standort elektronische Erzeugnisse entwickelt und produziert. 1992 erfolgte die Ausgründung aus der Jenoptik Carl Zeiss Jena GmbH. Wenn die neuen Manager die Unternehmensgeschichte schildern, schwingt ein bisschen Stolz auf diese Tradition mit. Sahin und Schliwa sehen diese Tradition als Messlatte und wollen sie mit neuen Ideen fortschreiben. Mit Investitionen in Technik und Wissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen sie die EPSa fit machen für die Zukunft.
Während es für die Technik einen weltweiten Markt gibt, ist es bei den Fachkräften schwerer. So investiert die Firma einerseits in Qualifikation und Zufriedenheit der vorhandenen Belegschaft und wirbt gleichzeitig Spezialisten von außen an. „Nur mit qualifizierten Fachkräften können wir die Zukunft unseres Unternehmens gestalten “, ist Schliwa überzeugt. Wöchentliche Englischkurse gehören jetzt ebenso zur neuen Unternehmenskultur wie Mitarbeiterbefragungen, monatliche Versammlungen und ein Briefkasten für Vorschläge der Belegschaft.
Hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sind für die Strategie der EPSa überlebenswichtig. Denn der Elektronikmarkt ist hart umkämpft, Massenprodukte lassen sich in Asien in der Regel günstiger herstellen. „Wir setzen auf Qualität, Flexibilität und Termintreue“, beschreibt Sahin. So setzt die Firma nicht nur komplette Systeme nach Kundenwünschen um, sondern entwickelt diese auch selbst. Auch Kleinserien werden in höchster Qualität produziert, von Leiterplatten über einzelne Module bis zu komplexen Geräten.
An zwei Standorten, in Saalfeld und Jena, sind mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, die für die Medizintechnik, Automobilindustrie oder Luftfahrt entwickeln und produzieren. Dazu kommen elektronische Informationssysteme, die nicht nur im Landkreis an Bushaltestellen Fahrzeiten und Verspätungen anzeigen. Eine weitere Eigenentwicklung sind Telematiksysteme. Diese Bauteile geben dank GPS-Ortung Auskunft über den Standort von Containern oder Fahrzeugen.
Kunden kommen aus Israel, China, Japan und vielen anderen Ländern nach Saalfeld, um sich die Produktion vor Ort anzusehen. Hier zeige sich jedoch eine Schwäche des Standortes: die schlechte Verkehrsanbindung zu den Autobahnen. Denn die meisten Kunden kommen über die A4 oder die A9 nach Saalfeld. „Die letzten Kilometer von der Autobahn sind problematisch“, sagt Sahin. Auf die regionale Verankerung wollen die Unternehmer deshalb aber nicht verzichten. „Die steht bei uns im Firmennamen und das ist uns wichtig“, so der Münchner, der in der Woche in Saalfeld wohnt.
Dass die Region am Saalebogen einiges zu bieten hat, haben beide Geschäftsführer festgestellt. Das wollen sie stärker nach außen tragen. Gerade für die Gewinnung von Fachkräften müsse die Region bekannter werden. „Der Industriestammtisch arbeitet an dem Thema und unser Bildungszentrum verfügt über die Erfahrung und gute Kontakte zur Gewinnung von Fachkräften“, so Landrat Marko Wolfram. Nach dem ersten Besuch bei EPSa waren sich Landrat und Geschäftsführer einig: die Zusammenarbeit für das Unternehmen und die gesamte Region soll auch in Zukunft ausgebaut werden.
Peter Lahann
Presse- und Kulturamt