Saalfeld. Mit Stand Freitag, 11. Dezember, wurden 84 weitere positiv getestete Personen gemeldet, womit es aktuell 468 aktive Coronafälle im Landkreis gibt. 1404 Personen befinden sich in amtlich angeordneter Quarantäne. In den Thüringen-Kliniken in Saalfeld und Rudolstadt befinden sich 55 Personen in stationärer Behandlung, zwei weitere auf der Intensivstation. Der 7-Tage-Inzidenzwert des RKI für den Landkreis liegt bei 325,6 Fällen pro 100.000 Einwohnern.
Maßnahmen des Landkreises zur Eindämmung der Pandemie
Aufgrund der aktuellen epidemiologischen Lage und vor dem Hintergrund der Inzidenzwerte von über 300 Covid-19-Neuinfektionen innerhalb von 7 Tagen wird auf allen politischen Ebenen über verschärfende Maßnahmen und harte Lockdowns diskutiert. Auch innerhalb der Kreisverwaltung finden dieser Diskurs in den Fachabteilungen und in der Leitungsebene permanent statt. Die Erwartungshaltung und Forderungen aus dem Land und aus der Bevölkerung an den Landkreis sind dabei sehr hoch. Mit dem Blick auf die laufenden Entwicklungen stehen für das Landratsamt dabei drei wesentliche Aspekte im Zentrum: Wirksamkeit der Maßnahmen, deren Durchsetzungsfähigkeit und Regelungsklarheit für die Bürger.
Betrachtet man die Handlungsmöglichkeiten einer Kommune, ist bedauerlicherweise festzustellen, dass die derzeit wohl wirksamste Maßnahme, ein andauerndes Verbot aller privater Zusammenkünfte und Feierlichkeiten von mehr als zwei Haushalten, als zu starker Grundrechtseingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit und die Unverletzbarkeit der Wohnung jedes Einzelnen darstellen würde und auch nicht wirksam zu kontrollieren ist. Hier kommt es auf das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen für die Gemeinschaft an.
Andere Maßnahmen, wie die lokale Schließung einer Vielzahl von Geschäften übersteigen Kompetenz eines Landkreises in rechtlicher Hinsicht wie auch der wirtschaftlichen Kompensation der Umsatzausfälle und der Einschätzung der Folgewirkungen auf die Gesamtversorgung- und wirtschaftlichen Lage. Zudem sind diese Maßnahmen nur flächendeckend und landesweit tatsächlich wirksam, wenn ansonsten im Nachbarlandkreis noch normal eingekauft werden kann. Hier plant das Land den Verlautbarungen nach auch einen entsprechenden Eingriff.
Besuche in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser werden lokal geregelt
Bei Besuchsverboten in Krankenhäusern und Einrichtungen der Pflege ist die bisherige Erfahrung, dass die Einrichtungen bereits aus Eigeninteresse zum Schutz von Bewohnern, Patienten und Personal eigenständig im Rahmen ihrer Möglichkeiten Maßnahmen ergreifen. Dies ist aus Sicht des Gesundheitsamtes ein besserer Weg als generelle Besuchsverbote, da die Häuser selbst Ihre Handlungsoptionen und Raum- wie Personalkapazitäten einschätzen können. Eine enge Abstimmung mit dem Gesundheitsamt und Unterstützung bei Anfragen und auftretenden Fällen erfolgt bereits jetzt laufend. Das Landratsamt hat mit dieser Verfahrensweise bessere Erfahrungen gemacht. Pauschallösungen für die vulnerablen Gruppen werden den besonders sensiblen Themen wie Geburten, soziale Isolation oder Sterbefällen nicht gerecht. Für die Gesamtrahmensetzung ist auch hier das Land als Krankenhaus- und Heimaufsicht aus Sicht des Landratsamtes der erfahrenere Partner für die Einrichtungen.
Schließung von Schulen und Kindergärten wird kritisch gesehen
Bei flächendeckenden Schulschließungen behält sich das Thüringer Bildungsministerium die abschließende Regelungshoheit vor. Zudem stehen die Ferien bevor und es wird erwartet, dass sich Thüringen der Forderung der Bundeskanzlerin anschließt und die Termine vorzieht. Würde der Landkreis Einrichtungen vollständig schließen, fände - rechtlich durch das Land vorgeschrieben - zudem keine Notbetreuung für 1 bis 6. Klasse statt.
In diesem Zusammenhang sehen wir auch flächendeckende Kita- und Hortschließungen kritisch. Die vom Landratsamt geforderte feste Kohortenbildung wurde spät durch das Land umgesetzt, was den Problemlagen zum Teil abhilft. Vollständige Schließungen durch den Landkreis, auch hier wieder ohne Notbetreuung, würden zu starke Einschränkung in die Betreuungssituation insbesondere für die Mitarbeiter in den systemrelevanten Berufen der medizinischen Versorgung, der Pflege und Betreuung sowie den Lebensmittelhandel bedeuten. Dies ist aus Sicht des Landratsamtes derzeit nicht zu verantworten. Die Regelung einer Unterstützung in der Notbetreuung durch Lehrer ist Landeskompetenz, wie sie bereits im März diskutiert wurde. Hier scheint es aber verschiedene Hürden zu geben, die einer flächendeckenden Lösung im Wege stehen.
Die in anderen Landkreises praktizierten lokalen und nächtlichen Ausgangssperren mit einer Vielzahl von Ausnahmetatbeständen entfalten aus Sicht des Landratsamtes kaum Wirksamkeit und sind im ländlichen Raum auch schwierig zu kontrollieren.
Was hat der Landkreis in den vergangenen Wochen an konkreten Maßnahmen getroffen?
Das Landratsamt hat bereits vor zwei Wochen und in Absprache mit dem Kreissportbund die jetzt durch das Land angekündigte Untersagung des organisierten Sportbetriebs im Jugendbereich vorgenommen. Damit wurden die in den Schulen gebildeten Kohorten nicht in den Nachmittagsstunden zusätzlich durchbrochen. Dennoch ist zu beobachten, dass im privaten Zusammenkommen im öffentlichen Raum für die Regelung von maximal zwei Haushalten, insbesondere, aber nicht nur durch die Jugendlichen, wenig Sensibilität besteht.
Regeln der Kontakteinschränkungen werden zu oft missachtet
Auch im Landratsamt führt es zu Unverständnis, wenn in der Kontaktverfolgung sich Geburtstagsfeiern mit größerer Personenzahl ergeben, egal ob bei Kindern oder Erwachsenen. Hier hat der Landkreis jedoch wenig Spielraum und Kapazitäten in der Kontrolle. Es wurde inzwischen ein neuen Vollzugsdienst Infektionsschutz mit fünf Mitarbeitern aufgebaut. Anders als in den kreisfreien Städte Jena, Erfurt und Weimar gehören jedoch die städtischen Ordnungsämter nicht zur Landkreisverwaltung. Nach den längeren Darlegungen des Thüringer Innenministeriums ist eine Übertragung der Kontrollbefugnisse im Bereich des Infektionsschutzes auf die Städte nur im Einzelfall und gemeinsamer Durchführung mit dem Gesundheitsamt möglich.
Das Landratsamt führt, zum Teil in Kooperation mit den Ordnungsämtern der Städte Saalfeld und Rudolstadt wirksame Kontrollen der Quarantäneeinhaltung, Nutzung der Mund-Nasen-Bedeckung oder der durch den Landkreis untersagten öffentlichen und nicht-öffentlichen Veranstaltungen sowie die Einhaltung des Alkoholausschank-Verbote im öffentlichen Raum durch.
Dennoch können die Mitarbeiter nicht überall sein und haben wenig Verständnis für durch Durchführung von eigentlich verboten Veranstaltungen. Im Rahmen der eigenen Kapazitäten geht das Landratsamt den entsprechenden Hinweisen nach. Bußgelder wurden bei Verstößen vermehrt angeordnet. Derzeit baut das Landratsamt die Kontrollmöglichkeiten weiter aus und wird an den Kontrollen der Versammlungen im Rahmen der Versammlungsfreiheit und der für diese bestehen Regelungen als Gesundheitsamt verstärkt mitwirken. Zu dem Kontrollbereich gehören auch Betriebe und Geschäfte. Hier verbinden die Kontrolleure die Tätigkeit zugleich mit Beratungen, was eventuell noch zu verbessern ist.
Regelungsklarheit für die Bürger heißt darauf aufbauend nicht Regelungsvielfalt und ständige Veränderung, sondern Regelungsklarheit und Orientierungsmöglichkeit. Deshalb stehen für das Landratsamt der ständige Hinweis auf die wichtigsten Hygieneregeln und die Beibehaltung wesentlicher Maßnahmen im Vordergrund.
In der Öffentlichkeitsarbeit ist die Transparenz und Darstellung der Entwicklung für die Bevölkerung wichtig. Diesen dient die tägliche Bekanntgabe der aktuellen Fallzahlen mit ergänzenden Hinweisen zu besonderen Lagen, die Beantwortung der Anfragen von Medienvertretern und Bürgern durch das Presse- und Kulturamt und die Veröffentlichung von Veränderungen von Landes- und Kreisregelungen über die digitalen und klassischen Printmedien. Für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden hat das Landratsamt einen Aushang mit den wichtigsten geltenden Bestimmungen in lesbarer, verständlicher Form entwickelt und diesen zur Verfügung gestellt. Diese können zum Beispiel in den ortsüblichen Schaukästen ausgehängt werden.
Eigenverantwortung bleibt unerlässlich
Dennoch bleibt es dabei, dass nicht Kontrolle durch den Staat, sondern Eigenverantwortung in der Bevölkerung der wirksamste Hebel in der Pandemiebekämpfung ist. Auch die bevorstehende weiterreichende Einschränkung des öffentlichen Lebens durch den Bund und die Länder wird nur wirken, wenn alle Mitbürger gemeinsam und auch im Privaten die Empfehlungen aus der Wissenschaft und Regeln der Behörden befolgen.
Peter Lahann/Arne Nowacki/Rolf-Henryk Viehstädt
Presse- und Kulturamt