Allgemeinverfügung des Veterinäramtes vom 4. November 2021 zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP)
An alle jagdlich aktiven Personen im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt
Öffentliche Bekanntgabe nach § 41 Abs. 3 und 4 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG)
Amtliche Tierseuchenbekämpfung – Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP)
Vollzug der Verordnung (EU) Nr. 2016/429 und der delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/687
Hier: Anordnung des verstärkten Monitorings bei Wildschweinen zur Früherkennung der ASP
Das Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt, Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt (VLÜA) erlässt folgende
Allgemeinverfügung
1. Im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt haben alle jagdlich aktiven Personen ab dem 15. November 2021 jedes verendet aufgefundene Wildschwein (Fall- und Unfallwild) sowie jedes krank erlegte Wildschwein unverzüglich unter konkreter Angabe des Fund- bzw. Erlegungsortes (sofern möglich GPS-Daten) beim VLÜA anzuzeigen.
2. Alle jagdlich aktiven Personen haben ab dem 15. November 2021 nach ihren Möglichkeiten bei der Kennzeichnung sowie bei der Bergung und Beseitigung der unter Punkt 1 genannten Tierkörper nach näherer Anweisung des VLÜA mitzuwirken oder die Durchführung dieser Maßnahmen zu dulden. Das Aneignungsrecht nach § 1 Absatz 5 Bundesjagdgesetz bleibt unberührt.
3. Die sofortige Vollziehung der getroffenen Festlegungen unter Ziffern 1 und 2 wird angeordnet.
4. Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufes und gilt bis auf Weiteres.
5. Die Allgemeinverfügung wird am 5. November 2021 auf der Internetseite des Landratsamtes Saalfeld-Rudolstadt veröffentlicht und amtlich bekannt gemacht und wird an dem auf die öffentliche Bekanntmachung folgenden Tag wirksam.
6. Diese Verfügung ergeht verwaltungskostenfrei.
Gründe:
I.
Im Landkreis Meißen wurden im Bereich der Gemeinde Radeburg Mitte Oktober 2021 Wildschweine bei einer Jagd erlegt. Bei der virologischen Untersuchung dieses Wildes wurde mit dem Befund des FLI am 13.10.2021 die Afrikanische Schweinepest bei einem der genannten Wildschweine nachgewiesen. Weiterhin wurde am 19.10.2021 bei einem verendet aufgefundenen Wildschwein in unmittelbare Nähe zum Erlegeort des ersten ASP-Virus-positiven Wildschweines ebenfalls ASP-Virus nachgewiesen.
Damit beträgt die Entfernung vom nächstgelegenen Ausbruch bis zur Thüringer Landesgrenze weniger als 100 km. Detaillierte Erkenntnisse zur räumlichen Verbreitung der Infektion im Umkreis um den Fundort bzw. Erlegeort der positiv beprobten Wildschweine liegen aktuell nicht vor. Ein weiteres Fortschreiten der Infektion in westlicher Richtung kann nicht sicher ausgeschlossen werden.
Daher sind entsprechende tierseuchenrechtliche Maßnahmen zur Früherkennung eines Eintrags der ASP in das Thüringer Gebiet anzuordnen, um schnellstmöglich entsprechende Bekämpfungsmaßnahmen einleiten zu können.
II.
Das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt (VLÜA) des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt ist sachlich und örtlich für den Vollzug des europäischen und deutschen Tierseuchenrechtes und den Erlass dieser Allgemeinverfügung zuständig. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach den Vorgaben des § 1 Abs. 2 i. V. mit § 1 Abs. 1 Nr. 3 Thüringer Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz (ThürTierGesG). Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 ThürVwVfG.
Der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) war auf Grundlage der am 13.10.2021 bzw. am 19.10.2021 positiv getesteten Wildschweine gemäß Definition unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b) der Verordnung (EU) Nr. 2020/689 in der aktuell gültigen Fassung amtlich festzustellen. Eine Infektion weiterer Tiere in der näheren oder weiteren Umgebung des Fundortes bzw. des Erlegeortes kann momentan nicht ausgeschlossen werden. Die Weiterverbreitung des Erregers durch Tierbewegungen innerhalb der Wildschweinepopulation ist ebenso wie durch fahrlässiges menschliches Handeln möglich.
Bei der Afrikanischen Schweinepest handelt es sich um eine therapieresistente, für Schweine ansteckende und gefährliche Viruserkrankung, die neben direkten Tierverlusten – sowohl im Wild- als auch im Hausschweinebereich – vor allem hohe wirtschaftliche Einbußen für alle Schweinehaltungen durch Handelsrestriktionen verursacht. Die erfolgreiche Bekämpfung hängt unmittelbar davon ab, dass ein Neueintrag der Infektion in ein Gebiet sehr schnell erkannt und eine Weiterverbreitung effektiv eingedämmt wird. Die Maßnahmen zur Früherkennung müssen entsprechend intensiviert werden.
Zu Ziffer 1 und 2:
Gemäß Artikel 269 Absatz 1 Buchstabe c) der Verordnung (EU) 2016/429 kann der Mitgliedstaat zum Zwecke der Überwachung nationale Maßnahmen erlassen, die über die Vorgaben des Europäischen Tiergesundheitsrechtes hinausgehen. Die nationalen Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der ASP-Prävention und -Bekämpfung, soweit sie nicht vom unmittelbar geltenden EU-Recht überlagert werden, finden sich in der Schweinepestverordnung in der derzeit gültigen Fassung.
Die Anordnung erfolgt aufgrund der aktuellen ASP-Seuchenlage bei Wildschweinen in Sachsen und zum Schutz der Thüringer Landwirtschaft ebenso wie der Gesundheit des Thüringer Schwarzwildbestandes.
Die Maßnahmen sind erforderlich und geeignet, um die Ausbreitung des Virus frühzeitig zu erkennen und einzuschränken sowie insbesondere die Hausschweinebestände vor einem Eintrag des Erregers zu schützen. Sie stellen auch das mildeste Mittel dar, welches der zuständigen Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgabe zur Verfügung steht und die betroffenen Personen nicht über Gebühr belastet. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt.
Die unter Ziffern 1 und 2 angeordneten Maßnahmen ergeben sich aus der Verpflichtung für die zuständige Behörde gemäß Artikel 26 auch in Verbindung mit Artikel 27 der Verordnung (EU) Nr. 2016/429 eine Überwachung zur Feststellung des Auftretens gelisteter Seuchen – zu denen die ASP gehört – durchzuführen.
Eine effektive Früherkennung kann v. a. durch das Auffinden, die Meldung und die daraus resultierende gezielte Untersuchung von Falltieren gewährleistet werden. Hier sind sowohl im Revier gefundene Wildschweinkadaver, wie auch verunfallte Wildschweine sowie krank erlegte Tiere Indikatortiere, von denen in jedem Fall Proben zu gewinnen sind.
Da der Fundort im Falle eines Virusnachweises Ausgangspunkt zur Festlegung aller Sperrzonen gemäß Artikel 70 i. V. mit Artikel 60 Satz 1 Buchst. b und Artikel 64 der Verordnung (EU) 2016/429 sowie Artikel 63 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 und Artikel 3 Satz 1 Buchstabe b des Durchführungsbeschlusses (EU) 2021/605 ist, ist die korrekte Erfassung des Einzeltieres inklusive der Beschreibung / der Koordinaten der Fundstelle von zentraler Bedeutung, um angemessene Restriktionen durchführen zu können.
Gemäß der Definition des Artikels 4 Nr. 24 der Verordnung (EU) Nr. 2016/429 ist jeder Jagdausübungsberechtige / Jäger auch „Unternehmer“ im Sinne des Europäischen Tiergesundheitsrechtes und als solcher gemäß Artikel 10 Abs. 5 der genannten Verordnung verpflichtet, mit den zuständigen Stellen im Rahmen der Seuchenprävention und -bekämpfung zusammenzuarbeiten.
Zu Ziffer Nr. 3
Für die Anordnungen unter den Ziffern 1 und 2 des Tenors dieser Allgemeinverfügung wird die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.
Die sofortige Vollziehung liegt im öffentlichen Interesse, da es sich bei der Afrikanischen Schweinepest um eine therapieresistente, für Schweine ansteckende und gefährliche Tierseuche handelt, die mit hohen wirtschaftlichen Verlusten und Handelssanktionen einhergeht. Die Maßnahmen zum Schutz vor einer Verschleppung der Seuche müssen daher sofort greifen. Ein Abwarten von verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen ggf. über mehrere Instanzen ist in dieser bestehenden Gefahrensituation für die öffentliche Sicherheit nicht zumutbar. Insofern überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einem entgegenstehenden privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs.
Zu Ziffer Nr. 4
Der Widerrufsvorbehalt beruht auf § 36 Abs. 2 Nr. 3 ThürVwVfG. Die Tierseuchensituation unterliegt einer andauernden Prüfung und Bewertung. Auf deren Grundlage wird über die Fortführung oder einer Aufhebung der Maßnahmen entschieden.
Zu Ziffer Nr. 5
Die Allgemeinverfügung wird mit Bekanntgabe wirksam (§ 42 Abs. 1 ThürVwVfG). Bezüglich der erforderlichen Bekanntmachung der Allgemeinverfügung wurde gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 ThürVwVfG ein von § 41 Abs. 4 Satz 3 ThürVwVfG abweichender Tag, der auf die Bekanntmachung folgende Tag, bestimmt. Von dieser Ermächtigung wurde Gebrauch gemacht, da die tierseuchenrechtliche Verfügung keinen Aufschub duldet. Diese Allgemeinverfügung wird auf der Grundlage des § 41 Abs. 3 Satz 2 ThürVwVfG öffentlich bekannt gegeben. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann. Von einer Anhörung wurde gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 ThürVwVfG abgesehen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung war zu berücksichtigen, dass bei der vorliegenden Sachlage die Anhörung der Betroffenen nicht zu einer anderen Beurteilung der Dinge geführt hätte.
Zu Ziffer Nr. 6
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 28 Nr. 1 ThürTierGesG.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist beim Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt, Schloßstraße 24, 07318 Saalfeld oder beim Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz, Tennstedter Straße 8/9, 99947 Bad Langensalza, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.
Im Auftrag
Dr. Scheinert
(Amtstierarzt)
508:VwVf_7421_AllgV-2.1/anfr 4. November 2021 |
Hinweise:
- Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Dies bedeutet, dass die Anordnungen befolgt werden müssen, auch wenn ein Rechtsbehelf eingelegt wird.
- Der vollständige Inhalt der Allgemeinverfügung kann auf der Internetseite des Landratsamtes Saalfeld-Rudolstadt sowie im VLÜA des Landratsamtes Saalfeld-Rudolstadt, Schwarzburger Chaussee 12, 07407 Rudolstadt, Raum 335 eingesehen werden.
- Vorgenannte Festlegungen gelten für alle in der örtlichen Zuständigkeit des VLÜA jagdlich aktiven Personen wie Jagdausübungsberechtigte, Jagende und Jäger sowie Hundeführer.
- Die Fundstelle eines Wildschweintierkörpers wird im positiven Fall der Ausgangspunkt aller Festlegungen zu eventuellen Restriktionen. Deshalb ist es unabdingbar, dass die Fundstelle korrekt erfasst wird. Die Erfassung der Koordinaten ist mit jedem Handy z.B. über Google Maps möglich, aber auch unter Nutzung der App Tierfundkataster. Sollte tatsächlich kein Handyempfang an der Fundstelle vorhanden sein, muss über eine Fotodokumentation und / oder ausführliche Beschreibung / Markierung der Stelle das Wiederauffinden im Bedarfsfall sichergestellt sein.
- Für die Tätigkeiten nach Nr. 1 und 2 wird eine Aufwandsentschädigung gewährt. Diese richtet sich nach den Festlegungen des Thüringer Landesamtes für Verbraucherschutz (TLV), Auskünfte zur Höhe erhalten Sie beim VLÜA.
- Eine Aufwandsentschädigung wird weiterhin für das aktive ASP-Monitoring bei der Entnahme von Blutproben durch die Jäger gewährt. Für die Entnahme von Blutproben sind unbedingt nur noch EDTA-Röhrchen zu verwenden.
A. Gemäß § 37 TierGesG hat die Anfechtung bestimmter Anordnungen zum Zwecke der Tierseuchenbekämpfung keine aufschiebende Wirkung. Mit dieser Regelung bringt der Gesetzgeber seinen Willen zum Ausdruck, dass die Anfechtung bestimmter Maßnahmen auf dem Gebiet der Tierseuchenbekämpfung zu keiner aufschiebenden Wirkung führen darf. Der Grund liegt in der Eilbedürftigkeit dieser Maßnahmen im Sinne einer effektiven Tierseuchenbekämpfung. Für die Gewährleistung einer effektiven Tierseuchenbekämpfung muss jedoch auch für einzelne Maßnahmen, die nicht in dem Katalog des § 37 TierGesG genannt sind, die aber im Zusammenhang mit diesen Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen stehen und unerlässlich sind, der sofortige Vollzug nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften angeordnet werden.
B. Zuwiderhandlungen gegen diese Verfügung stellen Ordnungswidrigkeiten im Sinne von § 32 Tiergesundheitsgesetz dar und können mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
Die Bekanntmachung von Allgemeinverfügungen des Landratsamtes Saalfeld-Rudolstadt erfolgt grundsätzlich gemäß § 13 Abs. 3 der Hauptsatzung des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt im Amtsblatt „Gemeinsames Amts- und Mitteilungsblatt des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt, der Städte Saalfeld, Rudolstadt und Bad Blankenburg“. Da aus den vorstehenden Gründen ein zeitlicher Verzug für das Inkrafttreten der Allgemeinverfügung bis zum Erscheinen des nächsten turnusmäßigen Amtsblattes oder der Druck eines Sonderamtsblattes nicht zu vertreten ist, erfolgt die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 13 Abs. 4 der Hauptsatzung des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt zunächst im Internet auf der Homepage des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt (www.kreis-slf.de), um eine ausreichende Unterrichtung der Adressaten der Allgemeinverfügung im Landkreis zu erreichen. Die Bekanntmachung in der gemäß § 13 Abs. 3 der Hauptsatzung des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt vorgeschriebenen Form wird im nächsten Amtsblatt wiederholt.
Die Bekanntmachung können Sie hier als pdf herunterladen.
Diese Allgemeinverfügung ist am 5. November 2021 um 9 Uhr auf der Internetseite des Landratsamtes Saalfeld-Rudolstadt veröffentlicht und amtlich bekannt gemacht worden. Die Veröffentlichung im Amtsblatt des Landkreises erfolgt am 25. November 2021.
Veranstaltungskalender
Saalfeld, Rudolstadt, Bad Blankenburg
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